Frage an Katrin Göring-Eckardt von Herbert S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
die Bundespräsidentenwahl ist gelaufen und dem interessierten Bürger wurde ein erbärmliches Schauspiel an Parteiengeschacher geboten. Wenn Ihnen die Wahl des Bundespräsidenten so wichtig für das Land war, wie Sie in Frank Plasbergs Sendung vom 30. Juni darlegten, warum haben Sie in Ihrer Partei nicht darauf gedrungen, mit SPD und der Linken einen gemeinsamen Kandidat aufzustellen? (Wenn Sie das getan haben: warum und an wem ist das gescheitert?)
Ich als Bürger dieses Landes präferiere eine rotrotgrüne Regierung, da schwarzgelb nicht imstande ist, die Probleme dieses Landes auf sozialverträgliche, demokratische Weise zu lösen. Aber wieso unterstützen die Grünen als ehemalige Anti-Kriegspartei einen Kriegsbefürworter mit neoliberal-konservativen Positionen (Beweis: Gaucks hohe Zustimmung in FDP/CDU und die Kampagne pro Gauck in den konservativen Medien)?
Wieso respektieren Sie die Entscheidung der Linken nicht, sich aufgrund Gaucks Haltung zum Afghanistankrieg der Stimme zu enthalten und sagen zu Klaus Ernst, "es wäre nicht um die Wahl des Parteivorsitzenden der Linken gegangen"? Muss Ihrer Meinung nach ein Politiker, um von anderen (Konkurrenz-)Parteien anerkannt zu werden, erst seine politischen Grundüberzeugungen über Bord werfen?
Sehen Sie bis 2013 die Möglichkeit, ein rotrotgrünes Projekt auf Bundesebene anzustoßen und unseren Staat in Richtung "skandinavisches Modell" zu gestalten?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
Mit freundlichem Gruß,
Herbert Stocking
PS: Bitte antworten Sie nicht, dass die Linken Gauck "aufgrund seiner Stasi-Aufarbeitung" nicht gewählt hätten. Gauck hat die Linke als "überflüssig für unsere Parteienlandschaft" bezeichnet, dabei ist die Linke die Folgeerscheinung der sozial äußerst unausgewogenen Rot-Grünen "Reformen" von Arbeits- und Kapitalmarkt.
Sehr geehrter Herr Stocking,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Verhalten der Linkspartei im Verlauf der Bundespräsidentenwahl hat doch deutlich gezeigt, dass dort kein ernsthaftes Interesse an einer Debatte über den Kandidaten Gauck bestand. Eine solche Debatte hätte ein Signal sein können, um zu zeigen, das es der Linkspartei mit geschichtlicher Aufarbeitung und Stärkung der Demokratie ernst ist. Doch die Linke blieb lieber in der Schmollecke. Beleidigtsein aber ist eine unpolitische Haltung.
Und was Koalitionen mit der Linkspartei auf Bundesebene angeht: Hierfür müsste die Partei sich erst mal tatsächlich offen und ehrlich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen. Das Verhalten während der Bundespräsidentenwahl hat leider gezeigt, dass es ihr diesbezüglich nicht ernst ist.
Zu Joachim Gauck: Klar, er wäre ein unbequemer Präsident gewesen, auch für die Grünen - aber sicherlich ein sehr guter und überparteilicher Präsident für die jetzigen Krisenzeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt