Frage an Katrin Göring-Eckardt von Uwe S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Eckardt,
nachdem sie in der Schröder - Regierung den ersten Deutschen Krieg nach 1945 mit zu verantworten hatten, frage ich:
Wie stehen sie heute auch als Christin zur militärischen Außenpolitik der BRD?
MfG
Uwe Schenke
Sehr geehrter Herr Schenke,
danke für Ihre Zuschrift. Natürlich erfüllt mich, nicht zuletzt als Christin, die Zunahme kriegerischer Auseinandersetzungen in der Welt mit Sorge. Mit dem Ende der Blockkonfrontation mussten wir beobachten, wie Konflikte mitten in Europa und auch in Afrika aufgebrochen sind, die zuvor zwar vorhanden waren, aber - wenngleich durch andere Formen von Gewalt - unter der Oberfläche blieben. Zum anderen sind wir durch den internationalen Terrorismus mit Formen von Gewalt konfrontiert, die uns elementar herausfordern und beunruhigen. Die Teilnahme deutscher Soldaten an kriegerischen Konflikten heißt dabei ja nicht Beteiligung zu Gunsten der einen oder anderen Seite. Vielmehr dient ihr Einsatz - VN-mandatiert - dazu, den Frieden wieder herzustellen und dauerhaft zu sichern. Und zwar dort, wo Kriegsparteien mit zivilen Mitteln nicht zum Frieden zu bewegen sind, um zu Gunsten Schwächerer einzugreifen, um Völkermord zu verhindern, um Terror zu bekämpfen. Ziel ist es immer, Frieden zu schaffen und den Krieg zu beenden, der nach Gottes Willen nicht sein darf.
Ich bin vor 20 Jahren gemeinsam mit den anderen, von denen viel Christinnen und Christen waren, für die Menschenrechte auf die Straße gegangen. Der Einsatz für die Menschenrechte war Ausgangspunkt meines politischen Engagements und er ist Grundkonstante meines politischen Handelns. Meine Partei ist eine Friedenspartei, Frieden und Menschenrechte gehören für uns untrennbar zusammen. Angesichts der kriegerischen Gewalt auf dem Balkan haben wir in einem schmerzhaften Prozess aber erkennen müssen, dass es Situationen gibt, die den Einsatz militärischer Mittel zum Schutz und zur Durchsetzung von Menschenrechten notwendig machen kann. Gerade die Menschenrechtsfrage macht die Entscheidung ja so schwierig. Da hilft ein einfaches dafür oder dagegen nicht, sondern es ist notwendig, sich mit jedem einzelnen Fall intensiv auseinander zu setzen.
In Afghanistan ist Frieden allein mit militärischen Mitteln natürlich nicht zu gewinnen. Aber der drohenden Destabilisierung durch die Taliban ist auch allein mit zivilen Mitteln nicht zu begegnen. Ziviler Aufbau bedarf noch immer der militärischen Absicherung. Ein sofortiges Ende des militärischen Engagements, wie die Linke es fordert, würde zur Re-Etablierung des Taliban-Regimes führen, in dem Frauen nicht gleichberechtigt sind, in dem Mädchen nicht zur Schule gehen können, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Das können wir nicht wollen. Auch als Christin sage ich: Dann würden wir unserer Verantwortung für das Land nicht gerecht und bleiben auch hinter unserem Anspruch, Menschenrechte zu verteidigen, weit zurück.
Viele Grüße,
Katrin Göring-Eckardt