Ihre Meinung zur Flüchtlingskrise ?
Hallo,
Was möchte die Politik,tuen damit die Flüchtlingskrise 2015 nicht erneut passiert
Im Bild Zeitung Artikel vom 09.11.21 unter dem Punkt wiederholt sich 2015 ,wurde geschrieben, dass die Flüchtlingskrise Deutschland Gesellschaftlich gespalten hat. Was meinen Sie dazu ?
Meine letzte Frage, halten Sie es für gut, wenn ein Bundestagsabgeordneter zusätzlich noch im Stadtrat tätig ist ? Oder meinen Sie, er kann sich auf beide Tätigkeiten gleich konzentrieren ?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Fragen! Zunächst zur sogenannten Flüchtlingskrise:
2015 war aus meiner Sicht nicht nur ein negatives, sondern auch ein positives Ereignis. Negativ war in jedem Fall der Auslöser der massiven Migration von Menschen aus den überfüllten Flüchtlingslagern rund um Syrien, weil die internationale Gemeinschaft die Warnungen vor einer Unterfinanzierung der Flüchtlingshilfen vor Ort nicht ernst genommen hat. Erst als die Menschen nicht mehr ausreichend mit Nahrung versorgt worden sind, machten sie sich massenhaft auf den Weg nach Europa. Hieraus sollten wir lernen und sicherstellen, dass gerade der UNHCR in Krisenregionen rechtzeitig mit ausreichenden Mitteln versorgt wird.
Negativ war auch die mangelnde Vorsorge des Innenministeriums im Hinblick auf die Ausstattung und personellen Ressourcen des zuständigen Bundesamtes für Flucht und Asyl. Auch hier gab es im Vorfeld zahlreiche Warnungen, dass die Stellen wegen der steigenden Asylanträge dringend aufgestockt werden müssten. Angesichts der Massen, die im September 2015 die deutsche Grenze erreichten, ist die Verwaltung, insbesondere die Registrierung der Flüchtenden komplett zusammengebrochen und die Menschen irrten quer durch die Republik. Diese chaotischen Verhältnisse haben das Vertrauen der Menschen im Land stark erschüttert und auch Ängste ausgelöst. Künftig muss immer sichergestellt werden, dass Asylsuchende unmittelbar nach ihrer Einreise ordnungsgemäß registriert werden können.
In jeder Hinsicht positiv war im Herbst 2015 die große Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung bei der Aufnahme, Unterstützung und langfristig auch Integration der geflüchteten Menschen. Diese Welle der Solidarität in Deutschland wurde weltweit gesehen und anerkannt und hat mich als deutsche Volksvertreterin auch mit Stolz erfüllt. Bis heute sind viele Menschen im ganzen Land ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert und werden hier weiter unsere Wertschätzung und Anerkennung brauchen.
Zur empfundenen Spaltung der Gesellschaft: Damit Integration gelingen kann, brauchen wir eine echte Integrationspolitik, die Austausch ermöglicht und wollen Integrationskurse unabhängig von Herkunftsland und Aufenthaltsstatus anbieten. Geflüchteten muss eine echte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden, um ein Miteinander zu fördern. Durch Misstrauen und Gängelung wurden hier in den letzten Jahren viele Chancen vergeben, was zu Frust bei allen Beteiligten führen kann, deswegen wollen wir Integrationsbarrieren abbauen.
Als Grüne setzen wir uns darüber hinaus für faire und effiziente Asylverfahren ein, denn das Grundrecht auf Asyl gilt es zu schützen. Gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten müssen wir außerdem eine solidarische Lösung finden, welche die Verantwortung gerecht verteilt und die Rechte der Geflüchteten überall schützt. Dies wird leider zunehmend durch nationale Alleingänge erschwert. Wir wollen sichere und legale Fluchtwege schaffen und die zivile Seenotrettung wiederaufbauen, um das Sterben im Mittelmeer zu verhindern. Der gesamte Grenzschutz der EU muss sich ganz klar an den internationalen Menschenrechten ausrichten.
Die Vereinbarkeit von Bundestag und Stadtrat hängt sehr von den örtlichen Gegebenheiten und dem Umfang des kommunalpolitischen Mandats ab. Ein Bundestagsmandat lässt sicher nicht allzu viel Raum für weitere Mandate. Deshalb würde ich bspw. nicht für ein Kreistagsmandat antreten, da ich dort bei vielen Sitzungen fehlen würde. Trotzdem gibt es natürlich auch Synergieeffekte, da Bundestagsabgeordnete sich auch für die Themen und Anliegen in ihrem Wahlkreis einsetzen. Ich selbst habe gerade erstmals für ein kommunales Mandat im Rat meines Wohnortes kandidiert. Darauf freue ich mich sehr, da ich es wichtig finde direkt vor Ort aktiv zu sein und mich einzubringen. Da es sich um eine überschaubare Zahl von Sitzungen im Jahr handelt, glaube ich das auch gerade noch mit meinem Mandat vereinbaren zu können.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten!
Mit freundlichen Grüßen
Katja Keul