Letzte Woche haben Sie mit der AfD gestimmt. Was sagen Sie den Menschen in Deutschland, die Angst vor Rechtsextremismus haben?
Noch im Februar 2024 fand in Nürnberg eine Demonstration statt, die sich gegen Rechtsextremismus richtete und an der 25.000 Menschen teilnahmen. Der Nürnberger CSU-Bürgermeister Marcus König bewertete diese Demonstration als bedeutendes Zeichen für die Demokratie, für deren Erhalt sich die gesamte Zivilgesellschaft einsetzen müsse. Nun haben auch sie bei der Abstimmung zum Zustrombegrenzungsgesetz mit der AfD gestimmt. Dies ist umso bemerkenswerter, da evangelische und katholische Kirche gemeinsam ihren Widerspruch gegen ihre Gesetzesinitiative erklärt hatten und der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg die Absicht erklärte, sein Bundesverdienstkreuz zurückzugeben. In Nürnberg, wo über 50% der Menschen Migrationshintergrund haben, weckt das Zerbrechen der Brandmauer, der sich die Union einst verschrieb, große Ängste. Was sagen Sie den Menschen in Deutschland, die Angst vor Rechtsextremismus haben?

Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage. In Ihrer Nachricht benennen Sie meiner Ansicht nach zwei unterschiedliche Vorgänge und Thematiken.
Zum Einen die Angst vor Rechtsextremismus und zum anderen die Abstimmung im Deutschen Bundestag über das "Zustrombegrenzungsgesetz". Aus diesem Grund möchte ich die beiden Punkte näher erläutern.
Ich persönlich blicke mit Sorge auf das Erstarken des Rechtsextremismus in unserem Land. Der Rechtsextremismus ist eine Ideologie, die Hass, Intoleranz und Gewalt fördert. Diese Haltung widerspricht unseren grundlegenden Werten und Prinzipien von Gleichberechtigung, Freiheit und Respekt. Es ist daher verständlich, dass solche Ideologien das gesellschaftliche Klima vergiften und die Menschen ängstigen. Daher müssen wir auch zusammenhalten und insbesondere unseren Rechtsstaat stärken, damit Hass und Gewalt auch zukünftig strafrechtlich verfolgt werden. Natürlich müssen wir auch weiterhin durch Bildung in den Schulen und Institutionen die Menschen über die Gefahren von totalitären Ideologien aufklären und nicht zuletzt ist eine starke Zivilgesellschaft, die sich gesellschaftlich und politisch für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzt ein wichtiger Bestandteil um Ängste abzubauen.
Auch zur Abstimmung über das "Zustrombegrenzungsgesetz" möchte ich genauer eingehen: Es gibt eine Reihe schrecklicher Gewalttaten, deren Täter ausreisepflichtig waren und über das Asylsystem nach Deutschland gekommen sind. Hier versagt unser Staat bei seinen Kernaufgaben von Sicherheit und geordneter Migration. Das dürfen wir nicht zulassen. Alle Menschen in unserem Land haben einen Anspruch auf Sicherheit. Dem nachzukommen, ist auch Voraussetzung für das weltoffene Deutschland mit dynamischer Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt – die Voraussetzung für das Deutschland, das wir wollen.
Die ungelösten Fragen der deutschen Migrationspolitik werden von der AfD-Fraktion missbraucht, um die Spaltung unserer demokratischen Gesellschaft voranzutreiben und das rechtsextreme Denken der AfD zu verbreiten. Die AfD vertritt rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische und homophobe Positionen. Sie schürt Hass gegen einzelne Menschen und ganze Bevölkerungsgruppen und lehnt die Vielfalt in unserem Land ab. Sie agiert als der Handlanger Putins und zielt in seinem Dienste darauf, unser Land zu ruinieren. Alle unsere Grundüberzeugungen und Prinzipien als Fraktion der Freien Demokraten stehen gegen die AfD, wir sind der Gegenpol zu ihr. Die AfD-Fraktion ist folglich unser politischer Gegner und aller politischen Kräfte, denen an einer echten Lösung für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik gelegen ist.
Die migrationspolitischen Vorschläge der Unionsfraktion gehen grundsätzlich in die richtige Richtung. Seit Jahren blockieren die Fraktionen von SPD und Grünen entscheidende Schritte, um die Migrationspolitik endlich in den Griff zu bekommen. Wir fordern sie auf, nun endlich mit uns gemeinsam für den Kurswechsel in der Migrationspolitik zu stimmen, damit dieser aus der demokratischen Mitte unseres Parlaments kommt. Unsere feste Überzeugung ist: Politischen Ankündigungen müssen Taten folgen. Deshalb stimmen wir für einen Kurswechsel in der Migrationspolitik – und bringen eigene Vorschläge für mehr Ordnung und Kontrolle ein.
Zum Beispiel wollen wir bei Ländern, die nicht mit uns kooperieren und beispielsweise ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen, die Entwicklungshilfe an die Aufnahmebereitschaft koppeln.
Zu oft scheitern Rückführungen zudem am Vollzug durch die – oft unionsregierten – Bundesländer, z.B. wegen zu weniger Abschiebehaftplätze oder, weil es den Sicherheitsbehörden an Ausstattung fehlt. Daher wollen wir die Zuständigkeit für Abschiebungen auf Bundesebene zentralisieren. Als erster Schritt in diese Richtung muss die Bundespolizei in ihren Befugnissen gestärkt und für Abschiebungen zuständig werden. Ebenso müssen die Länder deutlich mehr Plätze für Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Hessel