Frage an Katja Hessel von Thomas de B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Hessel,
laut einem Artikel der FAZ, die sich auf Quellen der Bundesagentur und des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung beruft, ist ein Alter ab 50 Jahre ein größeres Hemmnis eine Arbeit zu finden als Nichtbeherrschung der deutschen Sprache oder eine Schwerbehinderung. Eine Aussage, die ich durch Erfahrungen in meinem Bekanntenkreis nur bestätigen kann.
Die Wirtschaft bietet über 50-jährigen nach einem Verlust des Arbeitsplatzes kaum eine Möglichkeit ohne Hartz-4 Bezug und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu überleben - besteht aber auf ein Renteneintrittsalter ab 67 oder höher.
Vor dem Hintergrund, daß eine immer größere Anzahl der geburtenstarken Jahrgänge die Altersgrenze 50 überschreitet, ist eine Lösung der Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt ein nicht unbedeutendes politisches Thema.
Meine Frage an Sie ist:
Wie will Ihre Partei diesen Mißstand beheben und die Wirtschaft veranlassen, über 50-jährigen Arbeitsplätze zu bieten?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas de Buhr
Sehr geehrter Herr de Buhr,
danke für Ihre Anfrage zur Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt. Sie greifen damit ein Thema auf, das auch für uns Liberale von großer Bedeutung ist. Die Beschäftigungsquote der 60- bis 65-Jährigen findet selbstverständlich hohe politische Beachtung, da diese als der Indikator gesehen wird, wie der Arbeitsmarkt mit der Anhebung des Renteneintrittsalters umgehen kann. Diese Anhebung erfolgt schrittweise und wird erst im Jahr 2029 komplett umgesetzt sein.
Die Statistiken der Bundesarbeitsagentur weisen darauf hin, wie Sie dem FAZ-Artikel entnommen haben, dass es sich zum Teil ab dem 50. Lebensjahr sehr schwierig gestalten kann, eine Arbeit zu finden. Dennoch möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass aus den Statistiken der Bundesarbeitsagentur ebenso hervorgeht, dass die Zahl der älteren Arbeitnehmer in Deutschland derzeit einen Höchstwert erreicht. Einer Statistik zufolge gingen im September 2012 knapp 1,484 Mrd. Menschen im Alter zwischen 60 und 65 einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach, das sind 12,3% mehr als im Jahr zuvor. Im Rückblick auf die letzten fünf Jahre zeigt sich, dass die Zahl der Beschäftigten in der Altersgruppe der 60 bis 65-Jährigen um 667.000 erhöht hat. Daraus ergibt sich eine Zunahme der insgesamt sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen von 7,2% von 2007 bis 2012.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) deutet diese Entwicklung als eindrucksvollen Beleg dafür, dass Ältere als Fachkräfte in den Unternehmen gefragt sind wie nie zuvor. In kaum einem anderen Land seien Ältere besser in den Arbeitsmarkt integriert als in Deutschland.
Doch mit dem Anstieg von Neubeschäftigungen nimmt gleichzeitig die Zahl der Arbeitslosigkeit in der gleichen Gruppe zu. Dieses Phänomen ist darauf zurück zu führen, dass in den letzten Jahren eine Umgestaltung der Rentensysteme vorgenommen wurde. Die früheren staatlich gestützten Frühverrentungsprogramme wurden mehr und mehr abgebaut und Ältere, die zuvor solche Regelungen in Anspruch genommen haben, fallen nun in die Zählung als Arbeitslose. Wären 2007 die vorruhestandsähnlichen Regelungen nicht ausgefallen, wäre die Arbeitslosigkeit unter 50- bis 65-Jährigen auch statistisch deutlich gesunken, wie aus den Daten der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.
Wie Sie wissen erwarten wir auch aufgrund der Demographie einen Fachkräftemangel in Deutschland. Aus diesem Grund wird es auch für unsere Unternehmen immer wichtiger werden, auf die Erfahrung und die Arbeitsleistungen von älteren Arbeitnehmern nicht zu verzichten. Etliche Unternehmen reagieren auf das Problem und setzen sich zum Ziel, ältere Arbeitnehmer und ihre Expertise möglichst lange zu halten, um selbst konkurrenzfähig zu bleiben. So werden gerade auch Ingenieure in der Luft- und Raumfahrt umso begehrter je mehr Erfahrung sie haben.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in einigen Betrieben hier noch ein Paradigmenwechsel stattfinden muss und sicher auch aus Notwendigkeit stattfinden wird. Die Einbeziehung der Älteren durch betrieblich angebotene Weiterbildungen und teilweise durch flexiblere Arbeitszeiten muss ausgebaut werden. Firmen sollten sich bewusst werden, dass sie von älteren Arbeitnehmern sehr profitieren können, besonders dann, wenn diese Beratungs- und Ausbildungsfunktion für die Jüngeren übernehmen. Darauf weise ich auch bei allen meinen Reden und Terminen als Wirtschaftsstaatssekretärin hin.
Es ist uns wichtig eine Politik zu betreiben, welche auf die Eigenverantwortung des Einzelnen setzt. Wir Liberalen bemühen uns deshalb um ein größeres Bewusstsein für das Potential älterer Mitmenschen in Gesellschaft und Wirtschaft. Ebenso räumen wir der Bekämpfung von Ursachen und Folgen des demografischen Wandels einen besonderen Stellenwert ein. Mit unserem Aktionsplan „Demographischer Wandel“, der gerade für die Regionen mit besonderem Handlungsbedarf maßgeschneiderte Initiativen enthält, setzen wir als bayerische Staatsregierung ein Zeichen dafür, dass liberale Landespolitik den demografischen Wandel als Herausforderung für eine aktive Wirtschafts- und Strukturpolitik annimmt. Statt die Debatte um das Renteneintrittsalters ewig fortzuführen, strebt die FDP zudem einen flexiblen Eintritt nach durchschnittlich 45 Arbeitsjahren an.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Hessel