Wie konnte bei diesen beiden Unternehmen in der kurzen Zeit zwischen Vertragsabschluss und EuGh-Urteil der unglaubliche Schaden von 243 Mio. Euro entstehen?
Sehr geehrte Frau Michel, der Haushaltsausschuss des Bundestages hat im Zusammenhang mit der persönlichen Fehlentscheidung von Ex-Minister Scheuer zur PKW-Maut die Zahlung einer Entschädigung an zwei Unternehmen zugestimmt. Es ist unter Berücksichtigung aller möglich denkbaren Szenarien für mich als Bürger nicht nachvollziehbar, wie bei diesen Unternehmen noch im Vorfeld ein angeblicher Schaden in Höhe von 243 Mio. Euro entstanden sein soll. Der gesamte undemokratische Verfahrensweg dieser sogenannten "Schiedsgerichte" haben in der öffentlichen Warnehmung den Charakter von Kungelei hinter verschlossenen Türen - der hier offensichtlich zusammenfantasierte Betrag unterstreicht das nochmal und ist ein Paradebeispiel zur Förderung von Politikverdrossenheit.
Sehr geehrter D. G.., entschuldigen Sie bitte zunächst, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. Ich möchten Ihnen zunächst nahelegen, sich direkt an das Büro von Andreas Scheuer zu wenden. Seine Kontaktdaten finden Sie über seine öffentliche Website. Wie Sie wissen, wurden die Verträge für die PKW-Maut vom damaligen Verkehrsminister Scheuer unterschrieben, bevor die gerichtliche Entscheidung des EuGH vorlag. Ein schwerer Fehler. Denn im Betreibervertrag war vereinbart worden, dass im Kündigungsfall - den Minister Scheuer bekanntlich nach dem EuGH-Urteil veranlasste - vom auftraggebenden Bund der Bruttounternehmenswert zu zahlen ist. Das Risiko einer hohen Schadensersatzzahlung wurde somit sehenden Auges durch die vorzeitige Vertragsunterzeichnung in Kauf genommen.
Der Haushaltsausschuss hat der beschriebenen Zahlung im Juli 2023 zugestimmt, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Ursprünglich standen rund 700 Millionen Schadensersatzforderungen im Raum. Zwangsläufig musste die jetzige Regierung bestmöglich Schäden der Vorgängerregierung reduzieren. Es bleibt ein Schaden von nahezu einer Viertelmilliarde Euro. Das ist sehr viel Geld, für das die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land hart gearbeitet haben und das für deutlich bessere Zwecke hätte genutzt werden können.
Kurz zu den von Ihnen angesprochenen Schiedsgerichten: Schiedsgerichte haben in Deutschland eine lange Tradition und existierten bereits seit dem Mittelalter. Schiedsvereinbarungen finden bei internationalen Investitionsverträgen regelmäßig Anwendung, da die Vertragsparteien regelmäßig nicht mit den Gesetzen des Landes der anderen Vertragspartei vertraut sind. Man einigt sich daher auf ein neutrale Rechtgrundlage und neutrale Richter:innen. Weltweit gehören 168 Länder dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen an, so auch die USA, Japan, Frankreich, Kanada und weitere gewichtige Volkswirtschaften. Sie sind daher als normaler Teil des internationalen Rechtswesens zu betrachten.
Ihre Kathrin Michel