Das Wahlprogramm der SPD ist angeblich durchfinanziert und das günstigste aller Programme. Wo holen Sie denn das Geld her - abgesehen von der Reform der Schuldenbremse?

Sehr geehrte Frau W.,
in Deutschland werden Einkommen aus Arbeit stärker als Vermögen besteuert. Das wollen wir ändern und mehr Steuergerechtigkeit schaffen. Wir wollen die vermögensbezogene Besteuerung stärken und Spitzenvermögen stärker an der Finanzierung der Modernisierung unseres Landes beteiligen. Durch die Reformen würden den öffentlichen Kassen deutliche Mehreinnahmen zur Verfügung stehen, die für die dringend benötigten Investitionen verwendet werden könnten. Leider scheiterten dahingehende Reformvorhaben der SPD in vergangenen Legislaturen stets am jeweiligen Koalitionspartner. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer in ihrer heutigen Form ist nicht gerecht, denn die übermäßige Privilegierung großer Unternehmensvermögen führt dazu, dass bei der Übertragung von Multimillionen- oder Milliardenvermögen oftmals nur sehr wenig oder gar keine Steuern gezahlt werden. Diese Ungerechtigkeit wollen wir abschaffen. Innerhalb des bestehenden progressiven Steuertarifs führen wir eine effektive Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen ein, die auch für vermögenshaltende Familienstiftungen gilt. Die persönlichen Freibeträge wollen wir erhöhen, um den Vermögenspreissteigerungen seit der letzten Anpassung Rechnung zu tragen.
Über die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro würden außerdem deutliche Mehreinnahmen für die öffentlichen Kassen verzeichnet werden. Hinzu kommen unsere Ideen wie die des Deutschlandfonds, der öffentliches und privates Kapital mobilisiert, um die wichtigen Investitionsbedarfe etwa bei Strom- und Wärmenetzen, beim Wasserstoffnetz, bei den E-Ladesäulen oder beim Wohnungsbau erfüllen zu können. Mit dem Deutschlandfonds sollen Staat und private Geldgeber gemeinsam und bürokratiearm in Deutschlands Zukunft investieren können. Er soll anfangs mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden.
Wie Sie richtig ausführen, hat die SPD im Gegensatz zu den anderen großen Parteien in ihrem Wahlprogramm keine unrealistischen Luftschlösser gebaut, sondern ein solide ausfinanziertes Wahlprogramm vorgelegt. Ich muss immer mit dem Kopf schütteln, wenn ich höre, was Union und FDP alles beim Bürgergeld einsparen wollen und welche Steuersenkungen sie in Aussicht stellen. Das sind Lügenmärchen, denen die Bürgerinnen und Bürger keinen Glauben schenken sollten. In Deutschland sichert es aus gutem Grund unser Grundgesetz das Recht auf ein Existenzminium ab; dieses gewährleistet das Bürgergeld, nicht mehr und nicht weniger. Weder umfangreiche Einsparungen beim Bürgergeld noch spürbare Steuersenkungen wird es nach der Wahl durch Union und/oder FDP geben. Dafür gibt es haushalterisch schlicht keinen Spielraum.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Kathrin Michel