Was wollen/können Sie tun, damit die Judikative (Richter, Staatsanwälte usw.) eine größerer Unabhängigkeit von den zwei anderen Gewalten (Exekutive und Legislative) erreicht?
Sehr geehrter Herr J.,
das Bundesjustizministerium hat Ende April einen Referentenentwurf zur Erhöhung der Transparenz für die Befugnis von Weisungen der Bundes- und Landesjustizminister:innen gegenüber Staatsanwaltschaften vorgelegt. Das Weisungsrecht unterliegt im Rahmen des Legalitätsprinzips engen rechtlichen Grenzen; diese sind allerdings im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) bislang nicht ausdrücklich geregelt. Es sieht für externe Einzelweisungen zudem weder eine Schriftform noch eine Begründungspflicht vor. Auch aus diesen Gründen wird daher teilweise befürchtet, dass durch das nicht näher normierte Weisungsrecht ein „böser Anschein“ politischer Einflussnahme entstehen könne. Mit der Gesetzesänderung würde ausdrücklich im GVG verankert, dass Weisungen mit dem Legalitätsprinzip im Einklang stehen müssen und dass sie außerdem nur zulässig sind, um rechtswidrige Entscheidungen zu verhindern oder wenn aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Umstände ein Ermessensspielraum besteht. Die Weisungen könnten nicht auf außerrechtliche Erwägungen gestützt werden. Ferner müssten die Weisungen schriftlich erteilt und begründet werden. Dies stünde mit den europäischen Standards im Einklang, in denen ausreichende Transparenz- und Billigkeitsgarantien empfohlen werden, z. B., dass Weisungen begründet und schriftlich erteilt werden müssen. Der Entwurf wird nun innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und im Anschluss an den Kabinettsbeschluss dem Bundestag zugeleitet. Auf der Website des Bundesjustizministeriums können Sie sich bei Interesse über die Fortschritte des Gesetzgebungsverfahrens informieren.
Ihre Kathrin Michel