Frage an Katharina Fegebank von Christine S. bezüglich Innere Sicherheit
Krieg ist seit der Gründung der Vereinten Nationen völkerrechtlich geächtet und verboten. Trotzdem werden jedes Jahr rund 35 bewaffnete Konflikte auf der Welt gezählt und auch Deutschland und seine Verbündeten in der NATO zögern nicht, weltweit militärisch zu agieren, um vorgeblich die eigenen Interessen zu schützen.
Werden Sie gegen neue Militäreinsätze der Bundeswehr stimmen und sich dafür einsetzen, dass die Bundeswehr aus allen Kampfeinsätzen zurückgeholt wird?
Werden Sie darauf dringen, dass die Bundesregierung, die Europäische Union und die Vereinten Nationen Maßnahmen der zivilen Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung ergreifen, um Krisen und Konflikte friedlich beizulegen bzw. sie gar nicht erst eskalieren zu lassen?
Und noch eine Frage zum gleichen Kontext: Die Bundeswehr versucht sich zunehmend als gewöhnlicher Arbeitgeber im öffentlichen Raum zu positionieren. Dabei schreckt sie nicht davor zurück, an Schulen zu werben oder in Jugendzeitschriften kostenfreie „Abenteuer-Camps“ anzubieten. Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass Bundeswehroffiziere keinen Unterricht mehr an Schulen geben dürfen?
Sehr geehrte Frau Schweitzer,
vielen Dank für Ihre Frage. Der Einsatz von militärischen Mitteln hat in der Vergangenheit bei den Grünen immer wieder für kontroverse Debatten gesorgt. Seit den Vorkommnissen im Kosovo schließen wir Bundeswehreinsätze nicht mehr kategorisch aus. Bündnis 90/Die Grünen lehnen den reinen Einsatz von militärischen Mittel aufgrund von machtpolitischen Interessen ab. Kommt es aber zu schweren Menschenrechtsverletzungen oder gar zu massiven Tötungen in einem Land, kann man nicht einfach zusehen. Seit dem Beschluss der UN-Generalversammlung im Oktober 2005 ist der Einsatz von militärischen Mitteln als letzte Möglichkeit, um Konflikte und ethnische Säuberungen zu beenden von der UN vorgesehen. Wenn es zu massiven Menschenrechtsverletzungen oder gar ethnischen Säuberungen kommen würde, würde ich persönlich den Einsatz von militärischen Mitteln nicht ausschließen. Dieser Einsatz muss aber multilateral und unter der Führung der UN oder einem regionalen Sicherheitsbündnisses mit UN-Mandat erfolgen und dem Schutz der Bevölkerung dienen.
Die Bundeswehr ist derzeit an 13 Missionen beteiligt. Die Einsätze reichen von Schutz der Schiffe des World Food Programms vor Somalia bis hin zum Einsatz in Afghanistan und finden alle im Rahmen einer UN Mission oder im Rahmen der EU bzw. der NATO statt. Aufgrund der prekären Sicherheitslage in den Einsatzgebieten (Dafur, Somalia, Mali) halte ich den Abzug aller Truppen vor Ort für falsch und ich würde einen Antrag, alle Auslandseinsätze der Bundeswehr umgehend zu beenden nicht unterstützen.
Wenn militärische Mittel in Konflikten eingesetzt werden müssen, dann ist das für mich die letzte Option, die es zu vermeiden gilt. Genau deswegen setzen wir uns für die Stärkung der zivilen Krisenprävention ein. Deutschland soll sich besonders in der UN dafür einsetzen, dass die Konfliktprävention und Aufarbeitung, der zivile Schutz von Menschen- und Frauenrechten und sozialen Rechten der Schwerpunkt seiner Arbeit sein.
Auf europäischer Ebene werde ich mich dafür einsetzen, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union - und dazu der gemeinsame Auswärtige Dienst gestärkt wird. Wir wollen einen umfangreichen Pool von zivilen Friedensfachkräften sowie die Einsetzung des europäischen Friedensinstituts durchsetzen. Die Weiterentwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik soll außerdem dazu führen, dass die Streitkräfte in Europa besser zusammenarbeiten und insgesamt reduziert und parlamentarisch kontrolliert werden.
Zusätzlich soll die OSZE gestärkt werden, um die zivile Krisenprävention zu verbessern. Daher kann ich Ihre zweite Frage mit einem deutlichen „Ja“ beantworten. Ich möchte die zivile Krisenprävention stärken und zivile Mittel sind die ersten Mittel, die zur Krisenprävention eingesetzt werden müssen.
Die einseitige Darstellung der Außen- und Sicherheitspolitik durch die Bundeswehr in Schulen befürworte ich nicht, allerdings kann es ein Element des Unterrichts sein. Wenn Jungoffiziere an Schulen Vorträge halten oder über die Lage in Konfliktgebieten berichten, dann kann es zu Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler beitragen. Natürlich darf dies nicht unkommentiert passieren und Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Nichtregierungsorganisationen sollten auch eingeladen werden. Reine Werbeveranstaltung für die Bundeswehr lehne ich ab, aber als kleiner Bestandteil einer Unterrichtslage halte ich einen einzelnen Besuch der Offiziere für akzeptabel.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen ausreichend ausführlich beantworten. Für weitere Fragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit herzlichen Grüßen
Katharina Fegebank