Was ist bei der Unterstützung der Ukraine schiefgelaufen?
Sehr geehrte Frau Dröge,
zu Beginn des Angriffskriegs waren sich Militärs einig, dass kein NATO- oder EU-Mitglied Soldaten ohne Luftüberlegenheit einsetzen würde. An vielen Abschnitten ziehen sich ukrainische Soldaten nach zwei Jahren schwierigster Gefechtslage zurück.
Nun sind- bis auf Jets sowjetischer Bauart- keine an die Ukraine übergeben worden- die Lieferung von F-16 wird seit sieben Monaten vertagt; in Teilen schon bis 2025! Warum setzt sich Deutschland nicht dafür ein, dass außer den bisher verzögerten Lieferungen der EU-Partner und den möglichen modernisierten F/A-18 Australiens, z.B. von den USA unabhängige, bald ausgemusterte Tornados aus Italien, Großbritannien und Deutschland zur Verfügung stehen? Ich habe meine Frage auch Frau Strack-Zimmermann gestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Julia H.
Belege:
https://t1p.de/jtdyh
https://t1p.de/ny1rb
https://t1p.de/mkumx
https://t1p.de/ogsp2
https://t1p.de/e7cee
https://t1p.de/hnj3l
https://t1p.de/8vn2q
Liebe Frau H.
vielen Dank für Ihre Frage.
Als Bündnisgrüne Bundestagsfraktion haben wir seit Beginn des russischen Angriffskrieges klar gezeigt: Die Ukraine kann sich auf unsere Unterstützung verlassen. Der Bundestag hat die Bundesregierung in verschiedenen Beschlüssen zur umfassenden Unterstützung der Ukraine aufgefordert – humanitär, finanziell, wirtschaftlich und militärisch. Dabei haben die regierungstragenden Fraktionen immer einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. So zuletzt auch Anfang dieses Jahres mit einen Antrag. Gleichzeitig setzen wir uns mit dem Antrag aber auch dafür ein, die Sanktionen der EU gegen Russland zu verschärfen und die internationale Strafverfolgung der russischen Verbrechen an und in der Ukraine zu unterstützen
Seit Kriegsbeginn hat die Bundesregierung rund 34 Mrd. Euro für bilaterale Unterstützungsleistungen für die Ukraine zur Verfügung gestellt, zum Beispiel für ein umfangreiches Winterhilfsprogramm, Unterstützung für Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, zur Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, für humanitäre Hilfe und Minenräumen. Eine Übersicht sowie regelmäßige Updates zu den Unterstützungsleistungen finden Sie hier: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/deutschland-hilft-der-ukraine-2160274
Deutschland unterstützt auch die Luftverteidigung der Ukraine seit geraumer Zeit durch die Lieferung von Luftabwehrsystemen, so auch zuletzt mit einem weiteren Patriot-System. Im April 2024 haben Außenministerin Baerbock und Verteidigungsminister Pistorius zudem die „Immediate Action on Air Defence“ ins Leben gerufen, um bei Partnerstaaten aus der EU, der NATO und darüber hinaus dafür zu werben, der Ukraine auch kurzfristig die so überlebenswichtigen Flugabwehrsysteme und entsprechende Munition zur Verfügung zu stellen. Dennoch ist uns bewusst, dass die Lage der Ukraine weiterhin dramatisch ist. Wir Grüne im Bundestag sprechen uns deswegen dafür aus, unsere Unterstützung für die Ukraine noch weiter zu steigern. Es braucht mehr Unterstützung in allen Dimensionen: diplomatisch, finanziell, humanitär, beim Wiederaufbau und aktuell akut mit mehr Waffen und mehr Munition. Daher sprechen wir uns dafür aus, der Ukraine weitreichende Waffensysteme zu liefern. Wir warnen in aller Deutlichkeit: Die Folgen für Millionen Menschen in der Ukraine, aber auch für Europa und die Welt wären verheerend, sollte sich Putin durchsetzen.
Als Bündnisgrüne im Bundestag haben wir über Jahrzehnte vor der gefährlichen Politik Putins gewarnt und uns dafür eingesetzt, dass Deutschland einen Kurswechsel in seiner Russlandpolitik vollzieht. Denn Putins imperiales Machtstreben wurde jahrelang unterschätzt. Es war ein Fehler, dass sich Deutschland nicht ausreichend von Putins Regime distanziert hat. Leider ist die internationale Unterstützung für die Ukraine nach dem 24. Februar 2022 zu langsam angelaufen. Davon hat die russische Kriegsführung profitiert. Mittlerweile hat Russland unter Putin auf Kriegswirtschaft umgestellt und investiert hunderte Milliarden in den Krieg gegen die Ukraine statt in das Wohlergehen der russischen Bevölkerung. Putin schickt hunderttausende russische Soldatinnen und Soldaten in den Tod und ist bereit, auch für lediglich symbolische Erfolge unzählige Menschenleben zu opfern. Heute droht eine Situation, in der Russland der Ukraine überlegen ist. Dies hätte nicht nur dramatische Folgen für mehr als 40 Millionen Ukrainer*innen, deren Eigenständigkeit, Identität, Sprache und Kultur Putin zerstören will – sondern auch für Europa, Deutschland und die internationalen Regeln.
Seit Jahren wird immer deutlicher, wofür das Regime Putin steht: Für ein menschenverachtendes System, das nach innen Freiheit und Vielfalt brutal unterdrückt, Oppositionelle ermordet – und das nach außen auf andere Länder und deren Bewohner*innen aggressiv ausgedehnt werden soll. Auch deshalb wollen wir mehr Unterstützung für die Ukrainer*innen, die für die Souveränität, Freiheit und Demokratie ihres Landes und damit für unser aller Freiheit und Sicherheit im demokratischen Europa kämpfen. Wir fordern für die Ukraine mehr Munition und weitreichende Waffensysteme, weil nur diese in der Lage sind, die Ziele anzugreifen, von denen Russland tagtäglich die Menschen in der Ukraine mit Raketen und Kampfdrohnen terrorisiert.
Mit Blick auf die Zukunft setzen wir uns auch dafür ein, dass Deutschland beim Wiederaufbau der Ukraine eine Rolle einnimmt, die seiner wirtschaftlichen Kraft gerecht wird. Gleichzeitig wollen wir in der EU eingefrorenes russisches Vermögen rechtskonform für die Ukraine nutzbar machen. Weitere wichtige Anliegen sind die Zukunft der Ukraine in EU und NATO, medizinische und psychosoziale Hilfe für vom Krieg Traumatisierte und eine starke Rolle der ukrainischen Zivilgesellschaft und Kommunen beim Wiederaufbau ihres Landes.
Mit freundlichen Grüßen
Team Dröge