Frage an Karola Stange von Giesela S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag Frau Stange,
ich habe eine Frage bezüglich Ihrer Forderung nach Mindestlohn. Ich bin Frisörin aus Erfurt und habe mein eigenes, kleines Frisörstudio. Ich habe 6 Mitarbeiter, die ich auch ohne Mindestlohn fair bezahle. Wenn jedoch Ihre Forderung nach 8 Euro Mindestlohn Realität wird, kommen nur Probleme auf mich und meine Mitarbeiter und auch auf meine Kunden zu! Wenn der Mindestlohn eingeführt wird, muss ich die Preise für meine Kunden erhöhen und werde somit Kunden verlieren, weil sie das einfach nicht bezahlen können! Dann lassen sich alle die Haare schwarz zu Hause schneiden.
Somit habe ich weniger Umsatz und kann meine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen. Das 2. Problem könnte sein, dass ich schon von vornherein 1-2 Mitarbeiter entlassen muss, weil ich die Preiserhöhung nicht an den Kunden weiter geben will aber ich somit 2 Kräfte verlieren. An den 2 Mitarbeitern hängen auch Familien dran, die ernährt werden müssen!!! Das dritte Probleme wäre, wenn ich alles so belassen. Also meine Mitarbeiter alle behalte und ich auch meine Preise nicht erhöhe, tja, dann geht mein Geschäft in raschester Zeit pleite und da stehe nicht nur ich vor einen Scherbenhaufen meiner Existenz, sondern auch meine Angestellten. 6 Mitarbeiter die ich entlassen müsste und die kein Geld mehr verdienen, gerade jetzt in solchen Zeiten. An meinen Mitarbeitern hängen ja auch Familien, wie bei mir, dran und sind betroffen!
Ich frage mich, wie Sie und Ihre Partei dieses Problem, gerade für kleine "Unternehmer", lösen wollen?
Vielen Dank!
Ihre Giesela Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
ich kann Ihre Befürchtung sehr gut verstehen, dass eine gesetzliche Anhebung des Lohnes Sie als Arbeitgeberin in einem kleinen Unternehmen unter Druck setzen und dazu führen könnte, dass Sie Angestellte entlassen müssen. Wenn man die Forderung nach einem Mindestlohn isoliert betrachtet, sind solche Bedenken nachvollziehbar.
Der Mindestlohn ist aber keine isolierte Maßnahme, die nur in einer Richtung wirkt, sondern hat zumindest zwei Seiten: nämlich den der Beschäftigten und Arbeitgeber und den der Kundinnen und Kunden. Darüber hinaus ist der Mindestlohn auch nicht als isoliertes Gesetz gedacht, sondern soll in einen steuerpolitischen Zusammenhang gestellt werden, der gerade kleine Unternehmen dann auch wieder entlastet.
Zunächst zum ersten Punkt: wenn ein gesetzlich garantierter Mindestlohn eingeführt wird, müssen ja nicht nur die Arbeitgeberinnen mehr bezahlen, sondern die Kundinnen und Kunden haben ebenfalls mehr Geld in der Tasche, das sie ausgeben können. Sicher ist das Frisörhandwerk ebenso wie z.B. die Malermeister von Schwarzarbeit bedroht. Hier zeigt aber die Erfahrung, dass Menschen auch bereit sind, höhere Preise zu bezahlen, wenn sie es sich persönlich leisten können.
Hier kommen wir zu weiteren Maßnahmen, die die Kaufkraft der Menschen erhöhen können und somit auch die Existenz kleinerer Unternehmen nicht gefährdet: Wenn mehr Menschen vernünftig bezahlte Arbeitsplätze haben anstatt von Hartz IV leben zu müssen und wenn die Hartz-IV-Regelsätze angehoben werden, können sie auch wieder mehr Geld ausgeben. Gleiches gilt für Steuern, die Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen weniger bezahlen müssen, wenn unser Steuerkonzept umgesetzt wird. Wir wollen den Grundfreibetrag auf 9.300 Euro erhöhen, so dass mehr als 12.000 Euro brutto im Jahr steuerfrei bleiben und wir wollen, dass die Mehrwertsteuer für arbeitsintensive Dienstleistungen wie z.B. das Frisörhandwerk auf 7 % gesenkt wird.
Glauben Sie uns: wir wollen nicht, dass Sie selbst in den Ruin getrieben werden oder dass Sie Angestellte entlassen müssen. Aber wir glauben auch, dass eine vernünftige Lohnpolitik und eine steigende Kaufkraft gerade kleineren und mittleren Unternehmen zugute kommen.
Mit freundlichen Grüßem
Karola Stange