Frage an Karl-Heinz Warnholz von Martin H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Warnholz!
Zuerst einmal freue ich mich sehr zu wissen, daß Sie sich sicherlich wieder freuen werden, daß ich auch zu diesem Themenbereich eine Frage an Sie richte. Das was mir heute unter den Nägeln brennt läßt mir aber auch keine andere Alternative:
Am heutigen Nachmittag wurde ich von Polizeikräften am Betreten des Hauptbahnhofes (Südsteg aus Richtung Mönckebergstraße) gehindert. Mit nur halb zu Ende formulierten Sätzen wie zum Beispiel "Ey, Ausweis" bauten sich 2 Beamte und eine Beamtin vor mir auf, während alle anderen Leute passieren durften. "Besondere Gefahrenlage" war noch ein Stichwort, aber als ich mich nach der Art der Gefahrenlage erkundigt habe - scheinbar ging diese von mir aus, weil ich als einziger kontrolliert wurde - bin ich lediglich im Profilierungseifer der Beamtin vor ihren männlichen Kollegen angefaucht worden "Ausweis und Fahrkarte, sofort." Beides trug ich zur sichtlichen Enttäuschung des Kontrollpostens bei mir und letztendlich mußten sie mich nach mehrminütiger Rücksprache mit dem Bahnpersonal auch passieren lassen, dennoch bin ich entrüstet darüber, daß man als einzelner Reisender spontan von mehreren Polizei-BeamtInnen bedrängt wird, ohne Nennung von Gründen. Gerade im Hinblick auf die vielen ausländischen Gäste dieser Tage setzt sich die Polizei und damit auch die Stadt Hamburg peinlich in Szene, ich habe mich glatt um 70 Jahre zurück versetzt gefühlt.
Meine heutigen Fragen an Sie:
- Warum muß die Polizei selbst in deutlicher Überzahl in einer derart aggresiven Grundstimmung mit den Bügerinnen und Bürgern in Kontakt treten?
- Ich habe mich mitlerweile schlau gemacht über die "besondere Gefahrenlage" und wähne sie im Zusammenhang mit einer parallel laufenden Studenten-Demonstration am selben Nachmittag. Soll eine Übermacht an Polizeikräften die Leute einschüchtern und evtl. vom Gebrauch ihres Demonstrationsrechtes abhalten? Und hat bei einem solchen Vorgehen die sog. Demokratie nicht kläglich versagt?
- Warum können PolizistInnen eigentlich keine Tu-Wörter?
Bitte tragen Sie im Innenausschuß Sorge dafür, daß der Polizei etwas mehr Bildung und Aufklärung widerfährt, damit sich solche Zwischenfälle in Zukunft unkomplizierter regeln lassen.
Mit den besten Wünschen,
Martin Hensch
Sehr geehrter Herr Hensch,
zunächst einmal danke ich Ihnen, dass Sie sich auch in diesem Sachzusammenhang einmal wieder an mich gewandt haben.
Was den Gefahrenbegriff anbetrifft, haben Sie sich nach Ihren eigenen Angaben bereits selbst mit Literatur versorgt, so dass ich mich auf Ausführungen zum Versammlungsrecht beschränken kann. Während einer Demonstration kann die Polizei nur in den vom Versammlungsgesetz vorgegebenen Rahmen handeln und nur unter engsten Voraussetzungen eine Demonstration auflösen, die sog. Polizeifestigkeit der Demonstration. Wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe, dann befanden Sie sich nicht und auch nicht im Umfeld der von Ihnen beschriebenen angemeldeten Veranstaltung.
Die Identitätsfeststellung nach dem SOG war dann zulässig, wenn eine örtliche Gefahrenlage vorgelegen hat. Die Gefahrensituation ermittelt der oder die tätigen Beamten nach pflichtgemäßem Ermessen. Es ist schon für die Gerichte schwierig genug die Gefahrenlage ex post festzustellen, so dass ich mich spekulativ dazu nicht äußern mag. Sie haben aber als Bürger der Hansestadt die Möglichkeit mit der betreffenden Dienststelle oder auch der zentralen Beschwerdestelle der Polizei in der Innenbehörde in Kontakt zu treten. Dazu müssen Sie jedoch auch die Erkenntnis darüber haben, ob es sich in der von Ihnen geschilderten Situation um das Tätigwerden von Landesbeamten oder Bundesbeamten gehandelt hat.
Zur Ausbildung der Polizisten kann ich Ihnen nur mitteilen, dass diese zum Kernbereich der Exekutive zählt und ohne dass ein Fall vorliegt der die in Art. 20 Absatz 3 Grundgesetz beschriebene Grenze auflöst, die Legislative für den Einzelfall nur wenig gestalterisch tätig werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Warnholz