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Frage von Ayhan T. •

Frage an Karin Haas von Ayhan T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Das bestehende Wahlrecht grenzt bestimmte Bevölkerungsgruppen bzw. Bürgergruppen aus, obwohl sie zu Steuerabgaben verpflichtet sind. Durch diese Steuerabgaben werden unter anderem die Gehälter der Politiker bezahlt. Wie stehen Sie dazu? Ist es gerechtfertigt, dass die Politiker über die Menschen grundlegende Entscheidungen treffen, die die Möglichkeit nicht haben, ihre Bürgervertreter selbst zu wählen?

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Sehr geehrter Herr Tasdemir,

ich bin ganz Ihrer Meinung, dass das bestehende Wahlrecht für MigrantInnen in der Tat ungerecht ist: die MigrantInnen finanzieren die PolitikerInnen, die sie nicht wählen dürfen. Die Entscheidungen der PolitkerInnen gelten aber auch für sie. Die MigrantInnen leben seit Jahren hier und tragen durch ihre Arbeit zum Wohlstand unserer Gesellschaft bei, werden aber von den politischen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt. Das sind weit über 200.000 BürgerInnnen in Hamburg. Nur die EU-BürgerInnen dürfen die Bezirksparlamente mitwählen, aber auch nicht die Bürgerschaft, die die entscheidenden Beschlüsse fasst. Angesichts dieser Situation ist das Gerede von "Integration" ein blanker Hohn.

Das Wahlrecht ist für "Nicht-EU-BürgerInnen" an die Staatangehörigkeit geknüpft Durch die Nichtanerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft - eine Ausnahme im Vergleich zu anderen EU-Ländern - müssten viele MigrantInnen die Staatsbürgerschaft ihres Herkunftslandes abgeben. Das ist meines Erachtens unzumutbar, denn die Verbindungen zum Herkunftsland und die Möglichkeiten der Rückkehr müssen den MigrantInnenfamilien immer offenstehen.

Ein weiterer Missstand besteht darin, dass vielen Jugendlichen die Einbürgerung verweht wird, obwohl sie hier geboren sind. Ihr Verhalten wird besonders kritisch geprüft, da reichen zum Teil geringe Regelverstöße aus, um diese zu verwehren.

Generell möchte ich zu diesem gesamten Komplex sagen: Sondergesetze für bestimmte Bevölkerungsgruppen sind schädlich. Es gibt ein Grundgesetz und das gilt für alle Menschen in unserem Staat gleichermaßen. Besonders die ersten 20 Artikel, bei denen es um Gleichheits- und Freiheitsgrundsätze geht, dürfen nicht durch Folgegesetze außer Kraft gesetzt werden. Und das ist bei dem Wahlrecht für MigrantInnen der Fall und bei vielen anderen Regelungen im sog. Ausländerrecht.. Solche Gesetze leisten Ausgrenzung und Diskriminierung Vorschub, denn man fühlt sich ja "im Recht", wenn man einer bestimmten Menschengruppe Rechte verwehrt.

Im Gesellschaftsunterricht, wenn ich das Thema "Wahlen" behandele, ist diese Ausgrenzung besonders spürbar, denn in meiner Schule lernen sehr viele Kinder aus Einwandererfamilien. Ihnen ist es schwer verständlich zu machen, dass ihre Eltern nicht wählen dürfen, besonders wenn ihre Familien schon über 20 Jahre in Deutschland leben.

Wir als LINKE werden uns ausdrücklich für ein Wahlrecht für MigrantInnen einsetzen. Als ersten Schritt werden wir das kommunale Wahlrecht auch für Nicht-EU-Bürger beantragen.

Mit freundlichen Grüßen

Karin Haas