Frage an Karin Haas von Viola G. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Haas,
wie ich Ihrer Biografie entnehme, sind Sie selbst Mutter zweier erwachsener Kinder.
Ich würde Ihnen aus diesem Grund gerne eine Frage stellen, die sich auf eine mögliche Änderung des angeblich so komplizierten Hamburger Wahlrechts in der nächsten Legislaturperiode bezieht. Den Schwerpunkt für eine Änderung des Wahlrechts würde ich auf das zusätzliche STIMMRECHT VON ELTERN FÜR IHRE KINDER setzen:
Welche Vor- und/oder Nachteile sehen Sie, wenn das Wahlrecht zu Bürgerschafts- und Bezirkswahlen in Hamburg zugunsten eines ELTERNWAHLRECHTS verändert werden würde?
Vielen Dank für die Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
V. G.
Sehr geehrte Frau Gietzelt-Fleischhauer,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie enthält viele Aspekte, auf die ich gerne eingehen möchte. Zunächst einmal möchte ich deutlich machen, dass ich das bestehende Wahlrecht nicht für sehr kompliziert halte. Man hat 10 Stimmen, 5 FüR DEN/DIE WAHLKREISKANDIDATEN /IN UND 5 FüR DIE PARTEIEN ODER PERSONEN DER LANDESLISTE. Diese Stimmen kann man entweder verteilen auf mehrere Personen und Parteien(panaschieren) oder auf eine Person oder Partei konzentrieren (kumulieren). Dieses Wahlrecht besteht in Baden-Württemberg schon seit einigen Jahren problemlos. Es gibt den WählerInnen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Auswahl der Abgeordneten, da es die von den Parteien ohne Bürgerbeteiligung aufgestellten Listen nach der Wahl anders gruppieren kann.
Nun zum Elternwahlrecht, das wegen der Überalterung der Bevölkerung gefordert wird und zur geringen Zahl der Familien in Deutschland. Ich bin nicht der Meinung, dass das Wahlrecht durch andere wahrgenommen werden soll, sondern der Grundsatz "Eine Person - eine Stimme" ist mir sehr wichtig.
Ich denke, die Gefahr, dass die älteren MitbürgerInnen die Wahlen nach ihren Interessen dominieren ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Familien mit Kindern und der jüngeren Generation sehe ich nicht. Wenn die Interessen auseinanderdriften, liegt es an den gesellschaftlichen Verhältnissen und die Sozial- und Familienpolitik. Die Gesellschaft und die Politik muss dafür sorgen, dass die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern verbessert werden und die Kinder willkommen sind.
Wer selbst keine gute berufliche Perspektive hat durch immer mehr Praktika, befristete Arbeitsverträge, zu geringe Bezahlung und mangelnden Wohnraum oder oft zu teuren Wohnraum, der möchte die Verantwortung der Kindererziehung nicht auf sich nehmen. Kindererziehung muss mehr belohnt werden, nicht nur durch Elterngeld, sondern auch durch eine zusätzliche Mütter- oder Väterrente. Unsere Gesellschaft ist nicht kinderfreundlich, weil sie für das Aufwachsen zu wenig Raum zur Verfügung stellt, zu wenig in die Bildung investiert, für die Jugendlichen nach dem Schulabschluss zu wenig Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt. Das sind Sorgen, die Eltern schon von Geburt an haben für ihr Kind und diese Belastung und Verantwortung trauen sich viele nicht mehr zu.
Sichere Lebens-, Lern-, und Berufsbedingungen führen auch zu mehr
Kindern und damit zu einem stärkeren Generationengleichgewicht. Zum Schluss möchte ich noch einmal auf einen Irrtum hinweisen, wir könnten angeblich die Renten nicht mehr zahlen wegen der Überalterung. Dieses Argument beachtet nicht die gesteigerte Produktivität der Wirtschaft, deren Grundlage die ältere Generation geschaffen hat, und die ungerechte Verteilung in dieser Gesellschaft. Es ist genug Geld da für die Rente nach dem Arbeitsleben und auch für eine angepasste Steigerung. Dafür müssten alle in die Rentenkasse einzahlen und die private Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums durch eine kleine Schicht der Besitzenden gestoppt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Haas