Wieso wird kostenloser Nachhilfeunterricht für Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien nicht als Mittel gegen Bildungsungerechtigkeit verwendet?
Viele Familien können es sich nicht leisten, Nachhilfe für ihre Kinder zu bezahlen. Das bewirkt, dass Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien nicht in der Lage sind, in der Schule mitzuhalten, während Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien auf diese Art und Weise über Wasser gehalten werden. In der Folge führt das dazu, dass nicht zwingend die intelligentesten, sondern die reichsten Kinder Abschlüsse erlangen und dementsprechend mehr Erfolg im Berufsleben haben. Dieses Problem ist struktureller Natur und meines Erachten eines, welches durch aktive Eingriffe aus der Politik bekämpft werden sollte. Können Sie mir erläutern, aus welchem Grund diese zielstrebige Lösung keinen Anklang in der Politik findet?
Sehr geehrter Herr S.,
danke für Ihre Nachricht! Bildungserfolg hängt in Deutschland leider noch immer viel zu stark vom sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses ab. Das bestätigen uns Bildungsstudien immer wieder. Deshalb habe ich zuletzt eine Leseoffensive an Schulen in benachteiligten Quartieren gefordert: https://www.spiegel.de/panorama/bildungspolitik-gruene-fordern-leseoffensive-in-schulen-a-85530342-4306-4dcd-8352-b7d5a4526480
Ein wichtiger Baustein der Ampel-Koalition für mehr Bildungsgerechtigkeit in Deutschland ist das Startchancen-Programm, mit dem 4.000 Schulen in benachteiligten Quartieren und Regionen unterstützt werden sollen. Damit verabschieden wir uns vom Gießkannenprinzip in der Bildungsfinanzierung und setzen bewusst dort an, wo Bedarf besteht. Teil des Startchancenprogramms soll auch ein Chancenbudget sein, das ausdrücklich die Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungsträgern vorsieht und so Kindern aus einkommensschwächeren Familien zugutekommen wird. Derzeit verhandeln Bund und Länder über die genaue Finanzierung des Programms.
Darüber hinaus können bereits seit 2011 viele einkommensschwächere Familien eine staatliche Unterstützung für außerschulische Lernförderung erhalten – in Form von Bildungsgutscheinen im Rahmen des Bildungspakets nach dem SGB II. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurden die bereitstehenden Gelder für Bildungs- und Teilhabeleistungen jedoch nie im vollen Umfang abgerufen. Neben dem Aufgleisten neuer Initiativen der jetzigen Bundesregierung ist es daher ebenso dringend notwendig, bereits bestehende Angebote besser zu kommunizieren.
Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales finden Interessierte mehr Informationen zu den Angeboten des Bildungspaketes.
Mit freundlichen Grüßen
Kai Gehring