Frage an Kai Gehring von Amadeus A. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Gehring,
meine Frage bezieht sich auf die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Die Implementierung in deutsches Recht hat bereits am 11.03.2016 stattgefunden.
Seitdem wurden einige Mängel, wie Altersdiskriminierung, Benachteiligung von Berufsanfängern und jungen Familien offensichtlich. Insgesamt hat die RL eine restriktive Kreditvergabe zur Folge gehabt. Wie schwerwiegend dabei die Regulierung und wie weit es sich um eine Normalisierung des Marktes handelt, ist bis jetzt noch schwer abzuschätzen.
Jedenfalls haben Interessenverbände schon lange ein Eingreifen und eine Korrektur der Politik gefordert. Meine Frage an Sie: Wie weit sind schon solche Vorhaben und an welchen Punkten möchten Sie konkret ansetzen?
Vielleicht können Sie auch zur Motivlage Stellung nehmen, warum Deutschland eine besonders strenge Umsetzung der EU-VO gewählt hat, wo im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine weitaus konservativere Kreditvergabe bereits Usus ist.
Freundliche Grüße
Amadeus Aßbrock
Sehr geehrter Herr Aßbrock,
die Wohnimmobilienkreditrichtlinie hatte unter anderem das Ziel Verbraucher vor Immobilienkrediten zu schützen, die sie sich mittel- oder langfristig aller Wahrscheinlichkeit nach nicht leisten können. Sie hat damit eine Lehre aus der Krise in den USA, aber auch in Spanien oder Irland gezogen. In den USA haben Kreditverkäufer "jedem der noch einen schwachen Puls hatte" einen Kredit fürs Eigenheim vermittelt. Mit dem Platzen der Blase, endete für viele Familien der Traum vom Eigenheim in der Überschuldung.
Um solch verantwortungslose Kreditvergabepraktiken zu verhindern und Käufer vor nicht nachhaltigen Finanzierungsangeboten zu schützen legt die Richtlinie Mindeststandards fest an welche die Banken sich bei der Kreditvergabe halten müssen. Banken können z.B. nicht einen Kredit alleine aufgrund des Wertes der Sicherheit geben, wenn absehbar ist, dass der Käufer die Raten nicht bedienen kann. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen.
Nach der Umsetzung der Richtlinie kritisierten einige der Interessenverbände von Banken und Sparkassen, dass Sie an bestimmte Gruppen (insbesondere ältere Kreditnehmer und junge Familien) keine Immobilienkredite mehr vergeben können. Andere Banken sahen die Probleme nicht. Auch Verbraucherverbände konnten keinen Anstieg der Problemmeldungen verzeichnen.
Entsprechende Daten um ihre Aussagen zu untermauern konnten die Bankenverbände nicht liefern.
Trotzdem wurde im Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz mittlerweile eine Nachbesserung an der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vorgenommen. Unter anderem wird der BaFin die Möglichkeit eingeräumt Konkretisierungen festzulegen, um Probleme wie bei den oben genannten Gruppen auszuräumen. Dadurch sollen die Banken mehr Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe erhalten und sichergestellt werden, dass hier niemandem ungerechtfertigt der Zugang zu Krediten verwehrt wird. Dies ist zu begrüßen.
Allerdings wurden bei der Nachbesserung vor allem auf die Wünsche der Bankenverbände eingegangen, ohne bei wichtigen Verbraucherschutzfragen, die ebenfalls fehlerhaft oder nicht umgesetzt aus der Richtlinie umgesetzt wurden, auch entsprechend nachzubessern. Unsere Kritikpunkte können Sie in unserem Antrag Drucksache 18/11784 (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/117/1811784.pdf) nachlesen.
Mit freundlichen Grüßen
Kai Gehring