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Kai Gehring
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Yonatan B. •

Frage an Kai Gehring von Yonatan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Was halten sie vom Kinderwahlrecht ab Geburt? Und ich meine hier nicht die Möglichkeit, dass Eltern stellvertretend für ihre Kinder das Wahlrecht wahrnehmen, was ich nur für die zweitbeste Möglichkeit halte, sondern dass alle Kinder ab Geburt das Wahlrecht haben. Allerdings müssen die Kinder einmalig dem Wahlleiter erklären, dass sie nun ihr Walrecht wahrnehmen wollen. Das bedeutet natürlich, dass es schon Kinder geben wird, die mit 10 Jahren zur Wah gehen, und natürlich auch Kinder, die erst mit 16 wählen werden, je nach individueller Entwicklung des Kindes. Alle bekommen natürlich auch ohne Erklärung automatisch ihr Wahlrecht mit 18.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Baule,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Kinderwahlrecht von Geburt.

Jüngster Anlass einer Bundestagsdebatte zur Einführung eines scheinbaren Kinderwahlrechtes war der Gruppenantrag "Für ein Wahlrecht von Geburt an". Verfassungsrechtliche, demokratietheoretische und pragmatische Einwände lassen meine Fraktion zu dem Schluss kommen, dass es sich hierbei um keine geeignete Lösung handelt: Das Stimmrecht von Kindern würde auf die Eltern übertragen. Dieser Vorschlag, den Sie als "zweitbeste Möglichkeit" bezeichnen, untergräbt das Prinzip der Höchstpersönlichkeit der Wahl. Es kann nicht garantiert werden, dass die durch die Eltern treuhänderisch wahrgenommenen Stimmen dem Kindeswunsch entsprechen. Auch wenn Kinder ihre Interessen und eine Wahlabsicht reflektieren und äußern können, bliebe es ihren Eltern überlassen, diesem Wunsch zu entsprechen oder nach eigenen Erwägungen zu wählen. Es verstößt gegen die Gleichheit der Wahl, dass Eltern faktisch über mehrere Stimmen verfügen würden. Praktische Schwierigkeiten ergeben sich u.a. hinsichtlich der Frage, welcher Elternteil in Vertretung abstimmen soll bzw. ob und wie die Stimme aufgeteilt werden könnte.

Die Idee, junge Menschen früher wählen zu lassen ist mir deutlich sympathischer als das von mir vehement abgelehnte Stellvertreterwahlrecht. Ihr Vorschlag, das Wahlrecht bei Unter-18-Jährigen "auf Antrag" beim Wahlleiter zu gewähren und den Älteren "natürlich auch ohne Erklärung automatisch ihr Wahlrecht mit 18" zu geben, ist allerdings rechtlich sehr fragwürdig. Er widerspricht dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl, der sich auch in Verfahrensfragen ausdrückt. Ungeklärt bleibt gerade bei jungen Kindern darüber hinaus die tatsächliche Sicherstellung der freien Entscheidung zur Beantragung.

Wir Grüne wollen die Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen auf allen politischen Ebenen stärken und ausbauen. Durch altersadäquate Beteiligungsmöglichkeiten sollen Kinder und Jugendliche frühzeitig demokratische und tolerante Verhaltensweisen lernen. Wir haben in mehreren Anträgen und Gesetzentwürfen (Bundestagsdrucksachen 16/3543, 16/6647, 16/12345) deutlich gemacht, wie wir die Partizipation von Kindern und Jugendlichen ganzheitlich fördern möchten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre. Wir machen damit als einzige Fraktion einen verfassungsgerechten und umsetzbaren Vorschlag, um jungen Menschen eine Stimme zu geben.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Gehring

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