Wäre es in Anbetracht des bedenklichen Insektensterbens nicht sinnvoll, die Verwendung von Wildpflanzen anstatt Mais für Biogasanlagen finanziell zu fördern?
Sehr geehrter Herr Trittin,
von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wird ein Förderprogramm angeboten, bei dem bei Verwendung von Wildpflanzen anstatt Mais für Biogasanlagen ein Ausgleich von 500 € pro ha gezahlt wird. Leider ist das Programm auf 2000 ha beschränkt. Wäre es nicht als Sofortmaßnahme gegen das bedenkliche Insektensterben sinnvoll, dieses Programm auch deutschlandweit und in größerem Maßstab anzubieten? Es würde doch auch die Biogasanlagen wieder aus der "Schmuddelecke" herausbekommen, in die sie durch den massiven Maisanbau (der zugegebenermaßen am meisten Biogasertrag bringt) geraten sind, zumal auch ein weiterer Ausbau von Biogasanlagen sicherlich unabdingbar sein wird, um die Energiewende zu schaffen. Bei anderen Maßnahmen der Energieerzeugung vollzieht man ja auch die Abkehr von der Devise des maximal Möglichen, z.B. bei der Umwandlung des Windstroms in Wasserstoff, wo viel Verlust entsteht oder bei der Verlegung von Erdkabeln anstatt oberirdischen Stromkabeln.
Lieber Herr Dr. C.,
vielen Dank für Ihre Frage.
In der Tat ist die „Vermaisung“ der Landschaft, wie man sie gerade in Gebieten wie Cloppenburg oder Vechta sieht, ein massives Problem für die Böden in der Gegend. Der hohe Biomasseanteil, der benötigt wird, ist aber auch eine direkte Folge von einer hohen Anzahl von Biogas-Anlagen in einem Gebiet, dass durch industrielle Tierhaltung schon seit vielen Jahrzehnte Fehlentwicklungen im landwirtschaftlichen Bereich durchläuft.
Trotz allem wollen wir die heutige Bioenergieerzeugung erhalten und weiter flexibilisieren. Dafür sollten die Vergütung auf ein auskömmliches Niveau gehoben werden. Denn Bioenergieanlagen können in der zukünftigen Energieversorgung einen noch systemdienlicheren Beitrag leisten, indem sie zur Einspeisung ins Gasnetz umgerüstet und gepoolt werden. Zusätzlich ermöglicht die Flexibilisierung der Anlagen eine bedarfsgerechtere Stromproduktion. Dafür muss die installierte Leistung erhöht werden, ohne aber über das Jahr verteilt mehr Inputstoffe zu nutzen oder gar mehr Fläche zu benötigen. Die Biogasanlagen wollen wir möglichst weitgehend auf Rest- und Abfallstoffe und ökologisch wertvolle (humus- und biodiversitätsfördernde) Substrate umzustellen. Dabei sollen gezielte Anreize zur weiteren Reduktion des Einsatzes von Mais – zugunsten des Einsatzes von Kleegras und blühenden Dauerkulturen – gesetzt werden. Ein ähnliches Projekt zum Einsatz von Wildpflanzen ist bereits versuchsweise in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2019 durchgeführt worden und wir werden uns weiterhin für eine nachhaltigere Ausgestaltung von Biogas-Erzeugung einsetzen.
Beste Grüße
Team Trittin