In Ihrer Antwort auf meine Fragen vom 23.10. argumentiert Ihr Team z.T. mit Zahlen und Behauptungen ohne Quellenangabe. Können Sie die belastbaren Quellen auch nachreichen?
Sehr geehrter Herr Trittin,
für die folgenden Behauptungen bitte ich um die Angabe Ihrer Quellen:
- Welchen Beitrag leisten die Maßnahmen der Regierung konkret?
- welche Größenordnung muss der Ausbau der EE in 2023 haben, damit diese wirksam die EV im Winter 23/24 sichert?
- In welchem Umfang muss der bislang stagnierende Zubau v. WKA 2023 zur Sicherung der EV gesteigert werden?
- Werden LNG u. Gas 2023 so ausreichend zur Verfügung stehen, dass nicht nur die Stromversorgung gesichert ist, sondern ihr Anteil an der Primärenergie?
- Welches Land kommt in Frage, wenn Energie importiert werden muss?
- Wie sind anhaltende Dunkelflauten berücksichtigt?
- Kennen Sie die aktuelle Anzahl der zugeschalteten französischen KKW?
- Kann es sein, dass die Pandemie der eigentliche Grund dafür ist, dass der Zeitplan für die Revision der franz. KKW nicht eingehalten wurde?
- Warum ist Kernenergie risikoreich?
- Sind auch moderne KKW pauschal unzuverlässig und deshalb ohne Zukunft?
MfG
Dieter R.
Sehr geehrter Herr R.,
Mit dem sogenannten Osterpaket setzt die Ampelregierung alle Hebel in Bewegung, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu vereinfachen und zu beschleunigen. Das Kernstück ist die umfassende Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), worin wir gesetzlich verankert haben, bis 2030 den Anteil erneuerbaren Stroms auf 80 Prozent zu heben. Das neue Ziel bedeutet eine massive Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus. Zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren haben wir den Grundsatz verankert, dass die Nutzung der erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Wasserkraft) im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Das bedeutet, die Erneuerbaren werden bis zum Erreichen der Treibhausgasneutralität als vorrangiger Belang in die Abwägung eingebracht. Zudem haben wir mit dem Ersatzkraftwerkbeteiligungsgesetz die Option geschaffen, bei akuten Gas-Mangellagen die Stein- und Braunkohle aus der Reserve zu holen. Die Kraftwerke sind betriebsbereit, aber noch nicht am Strommarkt aktiv, denn der Einsatz von Braunkohle wird nur zu den absoluten Spitzenauslastungen im Winter zugelassen. Das Ziel, den Kohleausstieg in Deutschland idealerweise bis 2030 zu vollenden, sowie die Klimaziele bleiben bestehen. Auch Flüssigerdgas sichert eine verlässliche Energieversorgung und macht Deutschland unabhängiger von Importen aus Russland. An der deutschen Nord- und Ostseeküste werden Anlagen gebaut, um fünf flüssige Erdgasterminals betreiben zu können. Die ersten sind seit dem Jahreswechsel 2022/23 einsatzbereit sein.
Weiterführende Links:
Ausbau der Erneuerbaren: https://www.gruene-bundestag.de/themen/energie/endlich-vorrang-fuer-die-erneuerbaren;https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/erneuerbare-energien.html
EEG: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/novelle-eeg-gesetz-2023-2023972
Stresstest und AKW-Ersatzreserve: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/09/20220905-stresstest-zum-stromsystem.html
Zahlen und Fakten zum Strommarkt in Deutschland: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/strommarkt-der-zukunft.html
LNG-Terminals: https://table.media/europe/analyse/wirtschaftsministerium-rechnet-mit-ueberkapazitaeten-bei-lng-terminals/
Energiesicherheit
In Europa gibt es einen ständigen Austausch von Energie, um die Netzstabilität zu garantieren. Für pipelinegebundenes Gas ist Norwegen größter Lieferant, Anbieter von Flüssiggas sind vor allem Länder wie die USA, Katar und Australien.
In Deutschland können Dunkelflauten - gleichzeitiges Auftreten von Dunkelheit und Windflaute – periodisch auftreten, mit "anhaltenden" Dunkelflauten ist aber nicht zu rechnen. Überbrückt werden müssen die Dunkelflauten dann entweder über Stromimporte aus Nachbarländern, aus Speichern und über hochflexible Gaskraftwerke. Deshalb strebt die Bundesregierung den Aufbau einer grünen Wasserstoffversorgung an. Mehr dazu hier: https://www.deutschlandfunk.de/dunkelflaute-erneuerbare-energien-kohleausstieg-100.html
Atomkraft
Die Anzahl der in Frankreich aktuell zugeschalteten Kernkraftwerke ist öffentlich zugänglich, da in den Medien darüber berichtet wird: https://www.spiegel.de/wirtschaft/frankreich-faehrt-atomreaktoren-wieder-hoch-a-e5b09042-65c5-402e-a1a5-7ea9653ee5d8.
Die Probleme der französischen AKW hatten verschiedene Ursachen: Einige mussten heruntergefahren werden, da eine ausreichende Kühlung nicht mehr gewährleistet werden konnte. Bei anderen AKW lag das Abschalten an Wartungsproblemen oder Konstruktionsfehlern und daraus resultierenden Korrosionsschäden. Dazu mehr: https://correctiv.org/faktencheck/2022/09/29/faktencheck-sind-kernkraftwerke-in-frankreich-wegen-wassermangel-abgeschaltet/
In Kernkraftwerken sind jederzeit katastrophale Unfälle mit großen Freisetzungen radioaktiver Schadstoffe möglich. Deshalb ist Atomkraft keine Klimaschutztechnologie und aus Gründen der Sicherheit (Stichwort: Tschernobyl, Fukushima) sowie Generationengerechtigkeit (Stichwort: Radioaktiver Müll) unverantwortlich. Auch wirtschaftlich trägt sich der Weiterbetrieb und Bau von AKW aufgrund der enormen Risiken und hohen Baukosten nicht. Mehr dazu finden Sie hier: https://zenodo.org/record/5573719#.Y8fQIXbMJaT
Auch bei modernen Kernkraftwerken bleibt immer das Restrisiko eines GAUs und damit einer nuklearen Verunreinigung größerer bewohnter Gebiete. Daraus erwächst die gesellschaftliche Frage, welches Grenzrisiko wir als Gesellschaft akzeptieren wollen, welches bei der Energieversorgung durch Atomkraft immer deutlich höher ist als bei einer Energieversorgung durch Erneuerbare Energien.
Mit freundlichen Grüßen
Team Trittin