Frage an Jürgen Trittin von Angelika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Trittin,
als Grüner sind Sie interessiert am Schutz einer naturbelassenen Umwelt. Dazu gehört auch der Artenschutz. In der EU/Brüssel will man eine Verordnung zur Regulierung von Saatgut als Gesetz erheben. ( http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/landwirtschaft-aigner-lehnt-saatgut-plaene-der-eu-ab/8113362.html ) Dadurch wird es Landwirten, Gärtnern u.ä. verboten, ihr eigenes Saatgut zu vertreiben, zu benutzen, zu tauschen und zu verschenken. Durch bürokratische und finanziell sehr teure Bewilligungsverfahren werden mehr und mehr alte Sorten verschwinden. Wer dann das Monopol erhält, können wir uns alle denken. ( http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/04/25/eu-verordnung-zum-saatgut-langsam-stirbt-die-artenvielfalt/ )
Eine freie Entscheidung als Grundrecht für lebendige, vitale, gesunde Lebensmittelversorgung wird durch die EU außer Kraft gesetzt. Herr Trittin, ist Ihnen dieses Problem bekannt und wie versuchen Sie als bekannter EU-Befürworter EU-Politiker, EU-Funktionäre, EU-Beamte usw. die dieses Projekt betreiben, von dem Wahnsinn, was dieses Gesetz auslösen würde und welches das gesamte Ökosystem beeinflussen würde, abzubringen?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner
Herr Trittin hat uns gebeten Ihnen zu antworten, da dies ihm aufgrund der hohen Terminbelastung selbst nicht zeitnah möglich ist.
Mit dem neuen Verordnungsvorschlag wir die Biodiversität nicht gefördert. Es genügt nicht, das Thema "genetische Vielfalt" nur in Ausnahmeregelungen abzuhandeln. Wer den dramatischen Verlust an Pflanzensorten stoppen will, muss Sortenvielfalt nicht nur tolerieren, sondern aktiv fördern.
Gerade die Ökolandbau-Züchtung, für die keine Ausnahmen vorgesehen sind, benötigt völlig andere Kriterien, um den Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft gerecht zu werden. Der mit der Verordnung festgeschriebene bürokratische Aufwand stellt damit die notwendige dynamische Entwicklung des ökologischen Landbaus in Frage.
Genetische Vielfalt lässt sich letztlich nur durch praktischen Anbau vieler Sorten erhalten.
Die Kommission hält am bisherigen Leitbild für die Pflanzenzüchtung fest, wonach neue Sorten einheitlich, klar abgrenzbar und über Generationen gleichbleibend sein müssen. Diese Kriterien und Sortenprüfungen galten auch bisher, sind aber auf die Produktionsweise großer Zuchtunternehmen ausgelegt. Die EU-Staaten konnten jedoch die nationale Umsetzung der bisherigen Richtlinien für Vereinfachungen für kleine Züchter, die Öko-Züchtung oder nicht-kommerzielle Züchtungsinitiativen nutzen. Die neue Verordnung hebt diese Spielräume auf und ersetzt sie durch eng begrenzte Ausnahmeregelungen, zum Beispiel für "historische" Sorten.
Wir werden deshalb im weiteren Abstimmungsverfahren für mehr Engagement für die Agro-Biodiversität und für möglichst große Spielräume für die ökologische Pflanzenzucht, Erhaltungszucht-Initiativen und kleine Züchter kämpfen.
Bisher sind die Ausnahmeregelungen zu eng definiert und lassen kleinen Saatgutentwicklern zu wenig Luft. So ist die Beschränkung der Erzeugung von Erhaltungssorten- Saatgut in deren "Ursprungsregion" unpraktikabel, wenn dort geeignete Anbauflächen fehlen. Gerade bei den Ausnahmeregelungen wird zudem auf ausstehende Durchführungsbestimmungen verwiesen, die etwa die Maximalmengen für "Nischensorten" definieren sollen. Damit könnten diese Spielräume noch eingeschränkt werden.
Um dies zu erreichen werden wir weiterhin eng mit den grünen EP-Abgeordneten sowie den Initiativen und Verbänden zusammen arbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Team Trittin