Frage an Jürgen Trittin von Andreas W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Trittin,
wie stehen Sie zu den Menschenrechtsverletzungen Israels in Westjordanland und Gaza?
Haben wir das Moralische Recht, diesem Land atombombenträgerfähige U-Boote zu liefern?
Freundliche Grüße
Andreas Waldheim
Sehr geehrter Herr Waldheim,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die mich über abgeordnetenwatch.de
erreicht hat.
Wir Grüne fühlen uns Israel in besonderer Weise verbunden. Wir unterstützen die Arbeit von Zivilgesellschaft und Politikerinnen und Politikern, die sich für eine konstruktive Lösung des Nahostkonfliktes einsetzen. Unsere Solidarität gilt friedensorientierten Israelis und Palästinensern gleichermaßen. Daher setzen wir uns für eine faire Zweistaatenlösung ein, damit die Menschen im Nahen Osten endlich in Frieden leben können.
Eine kritiklose Solidarität allein -- sei es mit der israelischen oder palästinensischen Seite -- wird dieses Ziel aber nicht erreichen. Wir wollen, dass das Völkerrecht im Nahostkonflikt eingehalten und nicht instrumentalisiert wird. Einen "Menschenrechtsrabatt" gibt es auch im Nahostkonflikt nicht, für keine der Konfliktparteien.
Tatsache ist, dass die jüngsten Kriege, der Libanonkrieg 2006 oder der Gazakrieg 2009, das Ziel einer langfristigen Sicherheit für Israelis und Palästinenser nicht erreicht haben. Wenn eine Veränderung der Hamas zu einer politischen Kraft möglich ist und ihre Einbindung mehr Sicherheit für Israel bringen kann, muss dieser Weg verfolgt werden. Und wenn die Siedlungspolitik wie unter der derzeitigen israelischen Rechtsregierung angetrieben wird und die Fortsetzung des Friedensprozesses behindert, muss dies kritisiert werden. Das haben wir in der Vergangenheit auch immer wieder sehr deutlich getan. Gleichzeitig drängen wir auf demokratische Reformen bei den Palästinenserinnen und Palästinensern und haben die klare Erwartung, dass auf Gewalt gegen israelische Zivilistinnen und Zivilisten verzichtet wird.
Bei der Ausübung des Selbstverteidigungsrechts darf und muss sich Israel auf Deutschlands Unterstützung verlassen können. Deutschland hat vor dem Hintergrund seiner Geschichte eine besondere Verantwortung gegenüber dem Existenzrecht Israels und der Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Deutschland alle Forderungen der israelischen Regierung erfüllen muss. Es gibt keine historische Verpflichtung, Israel aufzurüsten. Für uns ist klar: Die Entscheidung über den Export von Rüstungsgütern in den Nahen Osten muss einer äußerst kritischen Prüfung unterliegen. Voraussetzung ist dabei, dass die Einhaltung völker- und menschenrechtlicher Standards für alle gleichermaßen verpflichtend ist. Das bedeutet auch, dass der Einsatz aus Deutschland gelieferter Rüstungsgüter in den Siedlungsgebieten oder unter Verletzung des Kriegsvölkerrechts ausgeschlossen werden muss.
Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte oder gar staatliche Finanzierung von Kriegswaffenexporten wie im Falle von U-Booten für Israel lehnen wir ab. Die Begründung für eine Genehmigung muss durch die Bundesregierung in jedem Einzelfall detailliert dargelegt werden. Wichtig sind dabei transparente Entscheidungsverfahren. Wir Grünen fordern daher schon seit langem, dass mit der Geheimniskrämerei der Bundesregierung bei der Genehmigung von Rüstungsexporten endlich Schluss ist. Der Bundestag muss besser informiert und eingebunden werden. Wir fordern außerdem ein Widerspruchsrecht des Parlaments, wie es bereits in anderen Ländern besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin