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Frage von Rainer B. •

Frage an Jürgen Koppelin von Rainer B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Koppelin

wie ich gerade einer Tagesschau Meldung entnommen habe hat die Regierung ein Gesetz zum Melderecht im Bundestag beschließen lassen welches den Datenschutz der Bürger extrem verschlechtert:
http://www.tagesschau.de/inland/meldewesen100.html

Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, hat dieses Gesetz mit Recht kritisiert.
Mit welcher Begründung wird gewerbsmäßigen Adresshändlern hier Tür und Tor geöffnet alle Daten jederzeit von den Meldeämtern zu beziehen und wieso wird nicht auf die Warnungen und Einwände der Verbraucherverbände und der Datenschützer gehört?
Wenn ich die Diskussionen hierzu im Internet verfolge dann wird hier ein Weg beschritten der dazu führt dass die Menschen zukünftig die Meldepflicht nicht mehr ernst nehmen werden weil sie ihre Daten schützen wollen vor unendlichen Werbefluten.
Können Sie das verstehen?
Wie haben Sie bei diesem Gesetzentwurf abgestimmt?
Wie lässt sich dieses Gesetz mit dem sonstigen Einsatz der FDP für den Datenschutz vereinbaren?

Auf eine halbwegs sinnvolle Begründung zur Zustimmung bei einem solchen verbraucherfeindlichen Gesetz bin ich gespannt!
Ich werde mich an die Landesregierung wenden um zu erreichen dass dieser Unsinn im Bundesrat noch gestoppt werden kann. Da muss man ja fast froh sein dass jetzt dort die Machtverhältnisse bei rot/grün liegen!

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Baack

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Baack,

bei der Föderalismusreform wurde vereinbart, das Meldewesen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes zu überführen. Mit der Schaffung des Bundesmeldegesetzes wird nunmehr von der neu geschaffenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes Gebrauch gemacht. Damit soll gewährleistet werden, dass einheitliche Standards bei den Melderegistern eingeführt werden und mithin in einer mobiler werdenden Gesellschaft Bürokratie abgebaut und zudem den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft auch in der öffentlichen Verwaltung entsprochen wird.

Daher war Ziel des Gesetzgebungsverfahrens, das geltende Recht quasi auf einen Nenner zu bringen und in Bundesrecht zu überführen. Das neue Melderecht bildet daher das geltende Recht aus den derzeit bestehenden Landesmeldegesetzen ab. Unberührt bleibt zudem die Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes, welches selbstverständlich nach wie vor auf die Datenverarbeitung in den Meldebehörden umfassend Anwendung findet.

Ab 2014 gilt bundesweit ein neues einheitliches Melderecht. Bisher gibt es ein Rahmengesetz des Bundes und 16 Landesmeldegesetze. Im neuen Bundesmeldegesetz werden - in Einklang mit dem Bundesdatenschutzgesetz - weiterhin hohe Datenschutzstandards eingehalten.

Für die FDP-Fraktion war dabei wichtig, dass mit dem neuen Recht kein zentrales Melderegister geschaffen wird, wie es in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen worden war, sondern es weiter bei der dezentralen Speicherung in den zuständigen Meldebehörden bleibt.

Das neue Bundesmeldegesetz ändert auch an den Möglichkeiten, Daten bei Meldebehörden abzufragen, grundsätzlich nichts. Weiterhin bestehen wie schon in den geltenden Landesmeldegesetzen die Möglichkeiten, einfache Melderegisterauskünfte zu bereits namentlich bekannten Personen voraussetzungslos abzufragen, ebenso bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses erweiterte Melderegisterauskünfte zu verlangen. Bei der einfachen Melderegisterauskunft werden Vor- und Nachname sowie aktuelle Anschrift übermittelt. Dies ist sowohl im Bezug auf eine einzelne Person wie auch auf Gruppen zulässig, sofern die Person namentlich benannt wird. Hingegen ist bei der erweiterten Melderegisterauskunft, bei der zu Name und Anschrift weitere Daten wie etwa Geburtsdatum oder frühere Anschriften hinzukommen, notwendig, ein berechtigtes Interesse, etwa eine vertragliche Forderung, glaubhaft zu machen, also der Behörde durch geeignete Beweise darzulegen.

Darüber hinaus besteht bereits heute die Möglichkeit, Listenauskünfte zu verlangen, bei denen Daten nicht namentlich bekannter Personen nach bestimmten Kriterien übermittelt werden, also etwa Wohnort und Alter. Diese Auskunft richtet sich nach den Regelung für die Gruppenauskunft sowie nach den Beschränkungen des Bundesdatenschutzgesetzes.

Künftig bleiben diese Möglichkeiten bestehen und werden in Bundesrecht überführt.

Allerdings wird im über das geltende Recht hinaus der Datenschutz verbessert. Denn künftig muss bei Melderegisterauskünften zum Zwecke von Werbung oder Adresshandel der Zweck angegeben werden. Die Daten dürfen dann nur zu diesem Zweck verwendet werden, eine Zweckentfremdung ist bußgeldbewehrt.

Jeder Bürger muss bei der Anmeldung von seinem zuständigen Meldeamt darauf hingewiesen werden, dass er dieser Weitergabe - auch mit Wirkung für die Zukunft - widersprechen kann. Ein Widerspruch ist jedoch jederzeit, also auch nach der Anmeldung noch möglich. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit bestand bislang nur für Parteienwerbung. Die neue Regelung im Bundesmeldegesetz erweitert die Möglichkeit jedes Einzelnen, Herr seiner Daten zu bleiben. Durch die Pflicht zur Zweckangabe wird darüber hinaus die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger gesteigert, da sie wie schon heute auch weiterhin selbstverständlich bei der Meldebehörde Auskunft darüber verlangen können, wie mit ihren Daten umgegangen wurde.

Die Nutzung der so erlangten Daten unterliegt im Übrigen selbstverständlich weiterhin dem Bundesdatenschutzgesetz. Damit besteht nach den Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes ein Anspruch des Betroffenen, gegenüber einem Unternehmen Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten zu verlangen.

Das Widerspruchsrecht bei der Meldebehörde, wonach künftig jeder die Weitergabe seiner Adressdaten zu Werbezwecken verhindern kann, erstreckt sich nicht auf Berichtigungsanfragen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, welches bereits über früher überlassene Daten zu einer ihm bekannten Person verfügt, etwa aufgrund einer Kundenbeziehung, die Daten im Wege der Melderegisterauskunft berichtigen darf. In Fällen, in denen nämlich ein Kunde einem Unternehmen freiwillig seine Daten zur Verfügung gestellt hat, richtet sich wie schon bisher der Anspruch auf Löschung der Daten bzw. die Versagung der weiteren Nutzung ausschließlich nach dem Bundesdatenschutzgesetz. In einer Adressänderung allein liegt kein datenschutzrechtlich wirksamer Widerspruch gegen eine einmal erteilte Genehmigung zur Verwendung der eigenen Daten. Insofern liegt hier keine Verschlechterung gegenüber geltendem Recht vor, sondern es gilt nach wie vor das Bundesdatenschutzgesetz.

Das neue Melderecht ist kein Freibrief für Datenhandel oder Werbung. Vielmehr bietet es ein Plus an Transparenz und Datenschutz im Vergleich zum geltenden Recht. Raum für Befürchtungen, die Kommunen könnten durch den Verkauf von Melderegisterdaten künftig ein Geschäft zu Lasten des Datenschutzes machen, besteht nicht. Die Rechtslage wird im Gegenteil dahingehend verbessert, dass ein zusätzliches Widerspruchsrecht eingeführt wird, das die Weitergabe von Melderegisterdaten einschränkt.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Koppelin