Frage an Josha Frey von Edgar F. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Frey,
was wollen Sie im Falle Ihrer Wahl und Ihre Partei gegen den wissenschaftlichen Abstieg der baden-württembergischen (deutschen) Universitäten tun (https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/plus227451399/Hochschulranking-Der-Abstieg-der-deutschen-Universitaeten.html)?
Liegt der wissenschaftliche Abstieg der baden-württembergischen (deutschen) Universitäten daran, dass eine von pluralen Sachargumenten und gegenseitigem Respekt geprägte Debattenkultur und ein institutionelles Umfeld, in dem niemand aus Furcht vor sozialen und beruflichen Kosten Forschungsfragen und Debattenbeiträge meidet, dort nicht mehr vorhanden sind und dass dort die Freiheit von Forschung und Lehre aus ideologischen Motiven eingeschränkt wird (https://www.netzwerk-wissenschaftsfreiheit.de/)?
Besten Dank im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen.
Edgar Frank
Sehr geehrter Herr Frank,
der Vorwurf eines Abstiegs von Baden-Württembergischen Hochschulen ist nicht berechtigt. Im Wettbewerb um nationale und internationale Exzellenz für unsere Universitäten hat das Land die nötigen Voraussetzungen geschaffen. Mit großem Erfolg: Vier der elf Exzellenzuniversitätstitel gingen nach Baden-Württemberg. Das ist einmalig in Deutschland. Die Universitäten Heidelberg, Konstanz, Tübingen und das KIT wurden als Exzellenzuniversitäten ausgezeichnet. in Freiburg und Stuttgart konnten jeweils zwei themenspezifische Forschungsförderungen, sogenannte Exzellenzcluster eingeworben werden. Und auch bei den europäischen Forschungsprojekten wie den hoch renommierten ERC-Grants gehört Baden-Württemberg zu den Spitzenreitern. Viele unserer Wissenschaftler*innen gehören zu den „highly cited researchers“.
Zwei entscheidende Komponenten für wissenschaftlichen Erfolg sind Top-Forscher*innen und der wissenschaftliche Nachwuchs. Deshalb haben wir die Stellen im Mittelbau erheblich ausgeweitet und internationale Top-Forscher*innen ins Land geholt. Wir haben mit dem Tenure Track einen neuen Karriereweg für junge Wissenschaftler*innen umgesetzt, der den Weg zu einer Professur nicht nur transparenter, sondern auch planbarer macht, und wir haben definierte Promotionsvereinbarungen im Hochschulgesetz verankert.
Insgesamt fließen über die fünfjährige Vertragslaufzeit (2021 – 2025) 1,8 Milliarden Euro an frischem Geld an unsere Hochschulen - zusätzlich zur Verstetigung der Ausbauprogrammmittel. Zum Vergleich: Im letzten Hochschulfinanzierungsvertrag 2014/15 waren es noch 1,1 Milliarden Euro auf sechs Jahre. Insgesamt verdoppelt sich damit der durchschnittliche jährliche finanzielle Korridor pro Jahr von 180 auf 360 Millionen Euro. Der jährliche Aufwuchs der Grundfinanzierung um über drei Prozent ist gesichert und ermöglicht die Schaffung von mehr Dauerstellen.
Damit legen wir den Grundstein für die Zukunft des baden-württembergischen Innovationssystems von morgen.
Die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre ist ein hohes Gut, das hierzulande zurecht mit Verfassungsrang geschützt wird. Es ist Aufgabe der Politik, für Wissenschaftsfreiheit beste Rahmenbedingungen zu setzen – vor allem, indem eine gute Finanzierung sichergestellt wird, Forschende und Lehrende vor Übergriffen geschützt werden. Baden-Württemberg hat jetzt eine moderne Hochschulverfassung, die auf Dialog setzt. Wir setzen auf ein konstruktives Miteinander an den Hochschulen, Eigenverantwortung und Freiräume für alle Hochschulmitglieder. Dazu gehören die 2012 wieder eingeführte Verfasste Studierendenschaft und die Stimme der Promovierenden in den Hochschulgremien.
Die Debatte um eine vermeintliche Einschränkung der Forschungsfreiheit durch „Political Correctness“ und „Cancel Culture” in der Wissenschaft, ist reine populistische Schaumschlägerei und hilft bei der Lösung echter Probleme überhaupt nicht weiter. Wenn Studierende gegen eine Entscheidung der Hochschule protestieren oder Wissenschaftler für ihre Aussagen in den Medien kritisch befragt werden, hat das nichts mit Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit zu tun, sondern zeugt gerade von einer lebendigen, demokratischen Debatte auf den Werten unseres Grundgesetztes. Freiheit der Wissenschaft heißt nicht Diskurs- oder Widerspruchsfreiheit, sondern lebendiger Austausch, aktive Wissenschaftskommunikation und zurückdrängen von echten Feinden der Wissenschaft.
Mit freundlichen Grüssen
J. Frey, MdL