Frage an Josha Frey von Hans Dr K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Abgeordneter,
Für eine Wahlveranstaltung zur kommenden Bundestagswahl bräuchte ich noch Ihre Angaben zur tatsächlichen Stellung der Landesregierung zum Thema: Repatriierung von Sinti und Roma aus dem Kosovo, Mazedonien und Serbien, wie sie z.Zt von unserem "Ländle" gehandhabt wird. Ich lese, daß da Nordrhein-Westfalen, Bremen und Sachsen-Anhalt eigene Wege beschritten haben. Meine Informationen reichen jedoch nur bis 2011.
Konkret: Wie verfährt Baden-Württemberg z.Zt mit Flüchtlingen (Sinti und Roma) aus diesen Ländern und umgekehrt: Wie verfährt Baden-Württemberg mit bereits hier verbliebenen Flüchtlingen aus den Kriegsjahren um 1999 ?
Ich wäre Ihnen für Ihre Information dankbar, da ich beabsichtige hier bei Wahlveranstaltungen nachzufragen.
Mit freundlichen Grüße
Dr H.
Mein Ziel als Regierungsfraktion ist eine Flüchtlingspolitik, die an humanitären Kriterien ausgerichtet ist. Das haben wir auch so in unserem Wahlprogramm und im Koalitionsvertrag festgehalten. Die Lage der Minderheitsangehörigen ist für mich ein politisch wichtiges Thema. Diesen Menschen muss durch eine stichtagsfreie Bleiberechtsregelung einen Perspektive für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gegeben werden. Speziell die Probleme der Kettenduldung und fehlender Aufenthaltsperspektiven sind durch die bisherigen Bleiberechtsregelungen nicht vollständig gelöst worden. Seit Herbst 2011 gibt es entsprechende Vorstöße verschiedener Bundesländer. Baden-Württemberg hat sich wiederholt im Bundesrat und in der Innenministerkonferenz für eine neue gesetzliche, an humanitären Kriterien ausgerichtete stichtagslose Bleiberechtsregelung eingesetzt. Es liegt nun in der Hand der Bundesregierung dieses wichtige Anliegen aufzugreifen. Die rechtlichen Spielräume des Landes sind hier begrenzt.
Baden-Württemberg hat alle im Sinne eines humanitären Flüchtlingsschutzes zur Verfügung stehenden Mittel geprüft. Mit Erlass vom August 2012 hat das Innenministerium Prüfungskriterien für eine qualifizierte Einzelfallprüfung bei Rückführungen von Angehörigen der ethnischen Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter in die Republik Kosovo aufgestellt. Diese Einzelfallprüfung umfasst integrierte Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt. Praktisch bedeutet dies, dass geprüft wird, ob ein Minderheitsangehöriger mit einer Duldung einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention erhalten kann. Die Evaluation dieses Erlasse steht nun an. Baden-Württemberg war bundesweit das erste Bundesland mit solch einer Regelung.
Abschiebungen in die Balkanstaaten finden dennoch statt. Grundlage für die Durchführung dieser bundes- bzw. europaweit organsierte Abschiebeflüge sind Europa- und Bundesrecht, sowie das Rückübernahmeabkommen, welches die Bundesregierung mit dem Kosovo abgeschlossen hat. Der rechtliche Handlungsspielraum des Landes Baden-Württemberg ist somit hier sehr begrenzt.
Wir GRÜNEN haben zu diesen Abschiebungen bekanntlich eine sehr kritische Position. Wir können die bundes- bzw. europaweit koordinierten Aktionen nicht verhindern. Meine Forderungen und Anspruch ist es von derartigen Großaktionen frühzeitig zu erfahren, so dass wir die jeweiligen Umstände in vollem Umfang aufklären und sicherstellen können, dass alle humanitären Kriterien Anwendung finden.
Josha Frey MdL