Frage an Josephine Ortleb von Lars B. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Ortleb,
ich bin 15 Jahre alt, bin politisch sehr interessiert und hoffe, dass ich wie Sie in meiner Zukunft als Berufspolitiker auf Bundesebene arbeiten kann. Da ich in Völklingen im Saarland lebe, sind Sie als Abgeordnete aus Saarbrücken meine Vertretung im Bundestag und daher würde ich Sie gerne um Ihren Rat bitten. Welche Vorraussetzungen brauche ich um Berufspolitiker werden zu können? Welche Möglichkeiten habe ich schon jetzt um mich hier im Saarland politisch zu engagieren?
Mit freundlichen Grüßen aus dem Saarland und in der Hoffnung, dass Sie die Frage ernst nehmen,
L. B.
Lieber Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ich freue mich sehr, dass Sie politisch interessiert sind und gerne in die Politik einsteigen möchten. Die politische Landschaft braucht junge, motivierte Menschen wie Sie, die sich beteiligen wollen. Eine strategische Karriereplanung als Berufspolitiker*in ist allerdings nicht möglich. Obwohl berufliche Ambitionen sicher nicht falsch sind, sind vor allem Herzblut, Engagement für die Sache und der Wunsch nach Veränderung sehr wichtig. Politik beginnt im Kleinen und braucht nicht immer die große Bühne.
Meine eigene Erfahrung zeigt mir, dass der Einsatz vor Ort anfängt. Ich bin nach dem Abitur in die SPD eingetreten und konnte Themen, die mir wichtig sind, zunächst bei uns im Kreisvorstand der Jusos und später als Landesgeschäftsführerin bearbeiten. Den Eintritt in eine politische Jugendorganisation kann ich nur empfehlen, weil es großen Spaß macht, gemeinsam für politische Visionen zu kämpfen.
Aber auch andere Formen des gesellschaftlichen Engagements bieten spannende Einblicke in politische Prozesse und können schon früh eine Möglichkeit sein, etwas zu bewegen. Natürlich sind Ihre persönlichen Interessen für die Art des Engagements ausschlaggebend, aber spannende Möglichkeiten bieten beispielsweise das Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt, die Johanniter-Jugend oder die BUNDjugend, um nur einige der zahlreichen ehrenamtlichen Träger und Verbände im Saarland zu nennen.
Bei mir ging es politisch 2014 mit einer Kandidatur für den Stadtrat weiter – weil ich Politik aktiv mitgestalten und echte Verbesserungen für die Menschen erreichen wollte. Besonders in der Kommunalpolitik brauchen wir mehr junge Menschen, die sich für ihre Themen stark machen. Dabei darf man sich von festgefahrenen Strukturen nicht entmutigen lassen. Ich habe mich zum Beispiel besonders für Chancengleichheit von Frauen eingesetzt und wurde dafür 2015 mit dem überparteilichen Helene-Weber-Preis ausgezeichnet.
Zusätzlich zu meinem politischen Engagement habe ich aber auch eine Ausbildung als Restaurantfachfrau und Fachwirtin im Gastgewerbe erworben. Ein stabiles berufliches Standbein außerhalb der Politik ist besonders am Anfang der politischen Karriere sicher empfehlenswert. Nicht zuletzt sind Erfahrungen in einem anderen Berufsfeld auch für die politische Arbeit sehr bereichernd. Ich habe zum Beispiel als Gastronomin im Familienbetrieb gearbeitet und das Gastgewerbe hat meine politische Haltung in Hinblick auf Arbeitszeiten und Löhne stark geprägt.
Eine andere Einstiegsmöglichkeit in die Politik ist in manchen Fällen auch die Arbeit für eine Partei. Ich selbst habe beispielsweise zwei Jahre lang das Wahlkreisbüro meiner Vorgängerin, der SPD-Bundestagsabgeordneten Elke Ferner, in Saarbrücken geleitet. Durch diese Art der Arbeit kann man Einblicke in politische Abläufe gewinnen und ein Netzwerk aufbauen. Auch innerhalb der Jusos, zum Beispiel, gibt es viele Möglichkeiten, sich zu engagieren. Schauen Sie doch mal vorbei!
Interessant ist ebenfalls ein Freiwilliges Politisches Jahr (FSJ Politik), zum Beispiel in einem Bundestagsbüro oder auch in der Fraktion eines Landtags oder einer politischen Stiftung. Es kann helfen, erste Erfahrungen zu sammeln. Viele meiner Kolleg*innen bieten diese Möglichkeit an und auch in meinem Bundestagsbüro arbeitete im letzten Jahr ein FSJler.
Schlussendlich gibt es keine eindeutige Formel hin zu einer hauptberuflichen Politiker*innenkarriere. Worauf es aus meiner Sicht ankommt, sind politische Visionen und der Wille, die Kraft und der Mut, diese zu erstreiten.
Für Ihre berufliche Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Josephine Ortleb, MdB