Frage an Josef Wirtz von Siegfried S. bezüglich Energie
Keine Castor-Transporte vom Forschungszentrum Jülich nach Ahaus, keine riskanten Experimente mit dem AVR-Reaktorbehälter und ein Ende der Atomforschung zum Bau und Weiterbetrieb von Atomanlagen (z. B. Hochtemperatur-Reaktoren und Zentrifugen zur Urananreicherung)! Stattdessen: vollständige Dekontaminierung des Reaktorgeländes in Jülich, eine umfassende Aufklärung früherer Störfälle sowie die Stilllegung aller Atombetriebe in Jülich (z. B. Gesellschaft für Nuklear-Service und ETC (Urenco/Areva)!
Die Castortransporte von Jülich nach Ahaus sind verschoben, aber nicht endgültig abgesagt.
Fragen:
Sind Sie für oder gegen die Atommülltransporte?
Was werden Sie konkret in der Landesregierung unternehmen, um die Transporte zu verhindern?
Was soll mit dem AVR-Reaktor in Jülich passieren?
Was tun Sie zur Aufklärung früherer Störfälle im AVR-Reaktor?
Was werden Sie unternehmen, damit sich das Forschungszentrum und die Anteilseigner des Forschungszentrums (Bund und Land) vorrangig um die schadlose Beseitigung der atomaren Hinterlassenschaften kümmern?
Wie wollen Sie verhindern, dass am Standort Jülich weiterhin Forschung zur Atomtechnik (incl. Fusionsforschung, Zentrifugenproduktion etc.) stattfindet, obwohl Atomenergie keine Zukunft hat?
Sehr geehrter Herr Schülter,
vielen Dank für Ihre Nachricht über Abgeordnetenwatch.de!
Im Folgenden finden Sie meine Antworten auf Ihre Fragen:
Sind Sie für oder gegen die Atommülltransporte? Was werden Sie konkret in der Landesregierung unternehmen, um die Transporte zu verhindern?
Die geplanten Transporte von Jülich nach Ahaus stellen aus meiner Sicht die mit Abstand realistischste Option dar, nach Ablauf der Genehmigung für die Lagerung der Brennelemente in Jülich am 30.6.2013 einen rechtswidrigen Zustand zu verhindern. Eine Nachrüstung des bestehenden Jülicher Lagers ist aus mehreren Gründen nicht möglich, so dass als einzige Alternative zu einem Transport nur ein Neubau in Jülich in Frage käme. Dieser würde aber von heute aus mehr als 10 Jahre in Anspruch nehmen, so dass eine gesetzloser Zustand in Jülich vorprogrammiert wäre.
Ich befürworte jedoch den Vorschlag des Vorstands des Forschungszentrums an seinen Aufsichtsrat, beim Bundesamt für Strahlenschutz eine weitere Lagerung in Jülich um drei Jahre bis Juni 2016 zu beantragen. So könnte der momentane Zeitdruck, die Transporte bis Mitte 2013 abzuschließen, abgemildert werden.
Darüber hinaus begrüße ich das Angebot von Forschungsministerin Annette Schavan, mit der NRW-Landesregierung Gespräche über eine einvernehmliche Lösung zwischen den Gesellschaftern Land und Bund aufzunehmen.
Was soll mit dem AVR-Reaktor in Jülich passieren?
Der Reaktor befindet sich zurzeit im Rückbau. Im Rahmen dieser Arbeiten soll der Reaktorbehälter in ein geeignetes Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums gebracht werden. Wenn ein Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle in Deutschland zur Verfügung steht, soll er zerlegt und verpackt werden. Ich unterstütze dieses Vorgehen.
Was tun Sie zur Aufklärung früherer Störfälle im AVR-Reaktor?
Im Moment wird die Betriebsgeschichte des AVR im Auftrag des Forschungszentrums von einer unabhängigen Expertenkommission untersucht. Dabei steht unter anderem auch die Untersuchung des Störfalls von 1978 auf der Agenda. Ich befürworte diese Aufarbeitung der Historie und warte mit Interesse auf die Ergebnisse.
Was werden Sie unternehmen, damit sich das Forschungszentrum und die Anteilseigner des Forschungszentrums (Bund und Land) vorrangig um die schadlose Beseitigung der atomaren Hinterlassenschaften kümmern?
Der sichere und verantwortungsvolle Umgang mit dem nuklearen Erbe des Forschungszentrums hat für mich einen außerordentlich hohen Stellenwert. Ich habe mich selber bei zahlreichen Terminen und Gesprächen im Forschungszentrum davon überzeugen können, dass der Vorstand des Forschungszentrums und die Mitarbeiter dieser Aufgabe mit großem Verantwortungsgefühl nachkommen.
Wie wollen Sie verhindern, dass am Standort Jülich weiterhin Forschung zur Atomtechnik (incl. Fusionsforschung, Zentrifugenproduktion etc.) stattfindet, obwohl Atomenergie keine Zukunft hat?
Wie Sie sicherlich wissen, betreibt das Forschungszentrum Jülich seit vielen Jahren keine Forschung zur Reaktortechnik mehr. Was jedoch immer noch betrieben wird, ist Forschung zur Entsorgung nuklearer Abfälle. Dies unterstütze ich ausdrücklich, da dies eine der entscheidenden Aufgaben zur verantwortungsvollen Abwicklung der Kernenergie nach dem Atomausstieg darstellt. Auch die nukleare Sicherheitsforschung ist für mich insbesondere im Hinblick auf die schrecklichen Ereignisse in Fukushima unverzichtbar. Die Jülicher Experten haben in den Tagen nach der Katastrophe in Japan einen wertvollen Beitrag dazu geleistet, die Ereignisse einschätzen zu können.
Ob die Fusionsenergie in der Zukunft einen Beitrag zur Energieversorgung leisten kann, lässt sich aus meiner Sicht zum heutigen Zeitpunkt noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Diese Frage kann aber nur beantwortet werden, wenn eine ausgiebige forschende Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat. Daher begrüße ich die Forschungsarbeiten auf diesem Feld, zumal die Kernfusion mit der "herkömmlichen" Kernenergie nicht vergleichbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Josef Wirtz