Frage an Joschka Langenbrinck von Holger H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Langenbrink,
geradei Ihnen als Ausschussmitglied des Innenausschusses von Berlin dürfte Ihnen das folgende Thema am Herzen liegen.
Viel Protest und Demonstrationen hatte das am 12.12. 12 verabschiedete DFL-Papier, - ehemals als „sicheres Stadionerlebnis“ angekündigt und dann als „Stadionerlebnis“ gelandet -, bundesweit hervorgerufen. Auch in Berlin.
Dabei haben die Vereinsvertreter in den Anträgen 8a und 11 beschlossen, daß insbesondere Gästefans in nicht von außen einsehbaren Gebäuden „verstärkte Personenkontrollen“ über sich ergehen zu lassen haben. Auch wenn das Grundgesetz sich in privaten Verträgen nur mittelbar auswirkt, so stellt sich trotzdem die Frage, inwiefern der Verband mit diesem beschlossenen Antrag Art. 3 Abs. 3 GG mißachtet hat, nachdem „niemand seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf. Da ja auch Fussballspiele in dem landeseigenen Olympiastadion und Jahnsportpark ausgetragen werden, frage ich Sie, inwiefern eine solche Regelung durch das Land Berlin erlaubt werden darf oder ob das Land nicht sogar auf die Einhaltung des Grundgesetzes bei seinen Mietern zu achten hat. Sofern das Land Berlin auf die Einhaltung des GG bei seinen Vermietern nicht achtet, ist es beabsichtigt zukünftig diese Bestimmung in die Verträge der landeseigenen Gesellschaften aufzunehmen?
Nun hat gerade Berlin eine Vergangenheit. Noch heute steht in der Friedrichsstraße der Tränenpalast, in welchem immer auch „verstärkte Personenkontrollen“ durchgeführt wurden. Will das Land Berlin nun zukünftig diese neuartigen „Tränenpaläste“ in Charlottenburg und Mitte erlauben, auf daß sich die Geschichte wiederhole? Sehen Sie bei dem Aufstellen dieser neuartigen „Tränenpaläste“ das Ansehen Berlins als gastfreundliche Stadt beschädigt?
Mit freundlichen Grüßen
Holger Hellmann
Sehr geehrter Herr Hellmann,
vielen Dank für Ihre Frage.
auch ich beobachte mit Sorge die zunehmende Gewalt und Gewaltbereitschaft im Zusammenhang mit Fußballspielen vor und in den Fußballstadien.
In den vergangenen Monaten wurde - sowohl in der Politik als auch in den Fachverbänden - deshalb intensiv über das Sicherheitskonzept der DFL debattiert, das am 12. Dezember 2012 beschlossen wurde. Dabei wurde zugegebenermaßen seitens der Politik vermehrt unnötige Schärfe in der Wahrnehmung der Fans - zum Beispiel durch die Drohung der Abschaffung der Stehplätze durch CDU-Bundesinnenminister Peter Friedrich - in die Debatte hereingetragen.
In der Tat hat das neue Sicherheitskonzept für große Diskussionen und Proteste bei den Fans gesorgt, die sie zum Beispiel durch die Aktion „12:12“ zum Ausdruck gebracht haben. Dabei werden vor allem die auch von Ihnen angesprochenen Einzelkontrollen (siehe Anträge 8 und 8a) besonders kritisch betrachtet. Es fehlen präzise Kriterien für solche Kontrollen (zum Beispiel Auswahl der Personen, Dauer, Umfang etc.). Andere Teile des Konzepts - zum Beispiel die Weiterentwicklung der Schulungskonzepte für Ordnungskräfte (siehe § 26 Ordnungsdienst) - machen in meinen Augen Sinn.
Ich bin der Meinung, dass nun erst einmal geschaut werden sollte, ob und wie sich das beschlossene Sicherheitskonzept in der Praxis bewährt. Hier muss vor allem der Dialog mit den Fans ausgebaut werden, da sie die stützenden Kräfte der Vereine sind. Mit dem Treffen des neuen DFL-Geschäftsführers Andreas Rettig mit den Fanvertretern ist meines Erachtens ein erster wichtiger Schritt zur Versachlichung der Diskussion gemacht.
Die Fans müssen sich aber die Frage gefallen lassen, warum bei Einlasskontrollen bei ihnen vermehrt gefährliche Gegenstände wie Messer, Schlagringe und andere Waffen gefunden werden. Diese gefährlichen Gegenstände haben auch in einem Fußballstadion nichts zu suchen. Schon allein der Besitz von Schlagringen in Deutschland stellt eine Straftat dar (§ 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.2. WaffG).
Durch den Erwerb einer Eintrittskarte geht jeder Einzelne einen privatrechtlichen Vertrag ein. Dadurch fallen die Kontrollen beim Zugang zum Veranstaltungsort in das Hausrecht der Vereine - unabhängig davon, ob diese die Spielstätten besitzen oder nur Mieter sind, wie es zum Beispiel bei Hertha BSC im Olympiastadion der Fall ist.
Da das DFL-Sicherheitskonzept für alle 36 Profi-Clubs der 1. und 2. Bundesliga gilt, sind viele Städte bundesweit gleichermaßen involviert. Deshalb sehe ich nicht, dass das gastfreundliche Ansehen der Stadt Berlin beschädigt wird. Davon abgesehen denke ich, dass über 20 Millionen Touristen jährlich nicht irren können.
Freundliche Grüße
Joschka Langenbrinck