Frage an Joschka Langenbrinck von Carsten H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Langenbrinck!
Danke für ihre schnelle Antwort, auch wenn sie mich nicht zufrieden stellen konnte. Zu dem Titel "Alle Rassisten sind Arschlöcher" gab es auf jeden Fall eine Juso-Kampagne. Womöglich war das aber kein Plakat der Berliner Jusos sondern eine Postkarte oder etwas Ähnliches. Ich habe das Motiv jedenfalls noch klar vor Augen. Im Netz habe ich das Motiv nicht mehr gefunden, bis auf diese Aussagen der Jusos aus Hessen:
http://www.jusos-hessen.de/node/259 Der Artikel ist überschrieben mit: "Jusos zu Sarrazin-Debatte: Alle Rassisten sind Arschlöcher"
Es ist begrüßenswert, wenn Sie gegen die NPD plakatieren. Es sind aber gerade die Rechtsextremisten, die sich positiv auf Thilo Sarrazin beziehen, wie zum Beispiel Pro Deutschland mit ihren Plakaten oder die NPD mit einem Aufkleber, der überall in der Stadt zu finden ist. Auf diesem Aufkleber steht: "Alle wissen: Sarrazin hat Recht" und ist hier zu sehen:
http://1.bp.blogspot.com/_0myjaWXK5Yk/TI-9KJ0L9vI/AAAAAAAAADo/Okbm9is5s5o/s320/NPDaufkleber_sarrazin.jpg
Vielleicht können Sie kommenteren, ob Sie die Kampagne der hessischen Jusos gelungen finden oder nicht und ob Ihnen der Beifall der NPD nicht Magenschmerzen bereitet. Ich persönlich verstehe nicht, wie das zusammen geht, wenn sich jemand gleichzeitig bei den Berliner Jusos engagiert, gleichzeitig aber im Kreisvorstand für eine Wahlkampfunterstützung durch den Rechtspopulisten Sarrazin votiert.
Das Argument, Thilo Sarrazin sei ein Parteimitglied und die Spende deswegen unproblematisch finde ich nicht überzeugend. Würden Sie denn auch Geld von Leuten annehmen, die für Rüstungsfirmen arbeiten und Lobbying für Rüstungsexporte machen wollen oder nehmen Sie auch Schmiergelder von Immobilienspekulanten, wenn sie zufällig SPD-Mitglieder sind? Fänden Sie das ebenfalls unproblematisch? Warum gibt es die Regel, dass über diese Spende abgestimmt werden musste, wenn Spenden von SPDlern automatisch angenommen werden sollten, wie Sie behaupten?
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
ich frage mich immer noch, woher Sie wissen wollen, dass ich im Kreisvorstand der Neuköllner SPD der Annahme der Spende von Dr. Sarrazin zugestimmt habe.
Ich mache nochmals darauf aufmerksam, dass mir ein solches von Ihnen beschriebene Plakat bzw. eine solche Postkarte o.ä. der Berliner Jusos nicht bekannt ist. Darüber hinaus dürfen Sie zur Kenntnis nehmen, dass ich für die Neuköllner SPD für das Berliner Abgeordnetenhaus kandidiere und nicht für die Berliner Jusos, die eine von vielen Arbeitsgemeinschaften der SPD sind.
Pro Deutschland und NPD haben vergeblich versucht, ihre rechtsextremen Parolen hoffähig zu machen, indem sie selbst der Meinung waren, dass diese Parolen deckungsgleich mit dem Buchinhalt von Dr. Sarrazin seien. Dr. Sarrazin hat eine gerichtliche Unterlassungserklärung gegen Pro Deutschland (und meines Wissens auch gegen die NPD) erwirkt, dass sie nicht mit seinem Namen und Konterfei werben dürfen.
Mir war klar, dass Sie mein Argument nicht überzeugend finden, dass Dr. Sarrazin SPD-Mitglied ist und die Annahme seiner Spende durch Mehrheitsbeschluss des Neuköllner Kreisvorstandes daher - wie Sie es formulieren - "unproblematisch ist". Das ändert aber nichts an meinem Argument. Die zwei Parteiordnungsverfahren gegen Dr. Sarrazin wurden eingestellt, da die zuständigen Schiedsgerichte der Auffassung waren, dass Dr. Sarrazin nicht gegen die Parteiordnung verstoßen hat. Damit bleibt er Mitglied der SPD. Weshalb eine Gliederung der Partei keine Spende eines Parteimitglieds annehmen dürfen soll, erschließt sich mir nicht.
Sie hätten meine Antwort sorgfältiger lesen sollen. Ich habe nicht geschrieben, dass Spenden von SPD-Mitgliedern automatisch angenommen werden sollen. Ich habe geschrieben, dass Kreisvorstände die Annahme von Spenden an Kreisverbände, die eine bestimmte Spendenhöhe überschreiten, beschließen müssen.
Illegale Schmiergelder mit legalen Spenden in einen Zusammenhang zu stellen, finde ich grob fahrlässig und billig. Das Parteienfinanzierungsgesetz erlaubt Spenden an Parteien. Wenn Sie wissen möchten, wer den Parteien wie viel gespendet hat, können Sie das den entsprechenden öffentlichen Rechenschaftsberichten entnehmen. Darüber hinaus ist allen klar, dass eine Spende an eine Partei keine politische Befangenheit zu erzeugen hat.
Mich nervt die Sarrazin-Debatte, da sie von den eigentlichen Problemen ablenkt, die wir mit der Integration nachweislich haben. Wenn Sie einen groben Einblick bekommen möchten, welche Anstrengungen die Neuköllner SPD und unser Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky im Bezirk unternehmen, um die Jahrzehnte langen Versäumnisse aufzuholen, verweise ich auf meine Antwort vom 13. August 2011.
Freundliche Grüße
Joschka Langenbrinck