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Johannes Pflug
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Frage von Joanne S. •

Frage an Johannes Pflug von Joanne S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pflug,

Mit großer Sorge betrachte ich das Geschehen rund um das Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (kurz: ACTA) und auch wenn mein Studium kein juristisches ist wurde mir beim lesen des Originaltextes klar, dass viele Formulierungen je nach gusto ausgelegt werden können. Nachdem ich mich intensiv mit diesem Thema beschäftigt habe nahm ich heute am 11. Februar 2012 an der Demonstration in Düsseldorf gegen ACTA teil.
Es ist ist mir im nachhinein aufgefallen dass die Medien mal wieder mit vollkommen spartanischer Berichterstattung oder gar subjektiv und schlicht weg falscher "glänzten" :
Besucherzahlen schwanken je nach Bericht. Die Polizei hat die Teilnehmerzahl auf 6000 geschätzt der WDR spricht von lächerlichen 2000/Die Teilnehmer der Demonstration werden automatisch als Internetaktivisten bezeichnet was schlichtweg falsch ist und gerade bei Menschen die nicht mit dem Internet vertraut sind einen falschen Eindruck hinterlassen könnte. Neutraler und auch zutreffender wäre der Begriff Internetuser / nutzer gewesen. / Es wird teilweise davon gesprochen, dass gegen die Einschränkung von filesharing Diensten demonstriert wurde.
Um es nocheinmal kurz richtig zu stellen: Es geht den Gegnern von ACTA definitiv nicht um illegale Tauschbörsen, sondern darum ein Gesetz was letztendlich Zensur und eine Privatisierung des Rechtsstaates zu folge hätte (da Internetprovider die Hilfspolizei für die Unterhaltungsindustrie mimen müsste) ferner würde dieses Gesetz auch Auswirkungen auf die Produktion, die Zulassung, sowie Transport und Export von Generika haben. Es könnte also Menschen leben kosten.
Es gibt noch so viele Beispiele aber meine Zeichenanzahl ist begrenzt, deswegen bitte ich Sie darum sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Grünen und die Linken sind bereits dagegen, die Piraten sowieso wo bleibt ein klares Statement der SPD?

Die Mehrheit will "ACTA" NICHT!

Mit freundlichen Grüßen:
Joanne Schmitz.

Quelle u.a. :
https://action.msf.org/de_DE

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schmitz,

vielen Dank für Ihre Anfrage!

Um es gleich vorweg zu sagen: Viele Ihrer Kritikpunkte werden so ausdrücklich von der SPD und mir geteilt. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt zudem die Entscheidung der Bundesregierung, dass umstrittene Handelsabkommen ACTA vorerst nicht zu unterzeichnen. Viele offene Fragen zu den rechtlichen Auswirkungen des Abkommens sind bis heute nicht ausreichend beantwortet und zahlreiche Unterlagen aus den Verhandlungen nicht veröffentlicht.

Besonders problematisch sind vor allem die Regelungen zur Rechtsdurchsetzung im Internet. Hier enthält das Abkommen an vielen Stellen vage Bestimmungen, die extrem weit ausgelegt werden können und so einer Beschränkung der Grund- und Freiheitsrechte und einer Beschränkung der Rechtsschutzgarantien führen können.

Viele Kritiker befürchten außerdem, dass es durch die Umsetzung des Abkommens zu einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung kommt und es insbesondere in den Ländern, in denen es keinen ausreichenden Grundrechtsschutz gibt, zu einer Beschränkung von Grund- und Freiheitsrechten käme. Der Kampf gegen Produktpiraterie ist richtig und notwendig. Aber Regelungen, wie sie für den Internetbereich vorgesehen sind, dürfen nicht dazu führen, dass Grundrechte eingeschränkt werden! Der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dürfen nicht aufgeweicht werden und die Bundesregierung muss sich für den Schutz dieser Rechte einsetzen.

Das Abkommen beinhaltet zwar darüber hinaus keine Verpflichtung zur Überwachung von Netzwerken durch die Internet-Anbieter. Es gibt aber massive Bedenken, dass die Provider dazu gedrängt werden könnten, mit den Rechteinhabern Vereinbarungen zu treffen, gegen Verstöße gegen Marken oder das Urheberrecht selber vorzugehen.

Dies könnte so ausgelegt werden, dass die Anbieter im Rahmen einer Selbstverpflichtung den Internetverkehr auf Urheberrechtsverletzungen hin überwachen müssen - und genau dies scheint die Bundesregierung mit ihrem "Warnhinweis"-Modell ja auch anzustreben. Das wäre aus meiner Sicht allerdings verfassungs- und europarechtlich nicht haltbar und käme einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gleich.

Persönlich lehne ich das Abkommen in dieser Form ab und die SPD setzt sich dafür ein, dass Europäisches Parlament und Bundestag sich gründlich mit dem Abkommen beschäftigen können. Obwohl die EU und zahlreiche Staaten ACTA bereits unterzeichnet haben, müssen das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente dem noch zustimmen. Dabei können sie den Text aber nur noch in Gänze annehmen oder ablehnen - Veränderungen an dem Abkommen sind nicht mehr möglich.

Herzliche Grüße,

Ihr Johannes Pflug