Frage an Johannes Pflug von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Pflug,
in den vor der Bundestagswahl 2005 an Sie gestellten Fragen, bin ich über Ihre Antwort zur Frage nach einer möglichen großen Koalition gestolpert. Sie schrieben damals u. a.:
"Ein Regierungsbündnis der beiden großen Volksparteien kann aber nie der Königsweg sein. Das hat man bereits in den Jahren 1966 bis 1969 gesehen. Sicher ließen sich viele Reformblockaden durch die klaren Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat schnell aufbrechen, aber spätestens nach 2,5 Jahren würde der Wahlkampf losgehen und beide Regierungsparteien wären wieder Gegner im Kampf um die politische Führung in unserem Land."
Mich würde interessieren, wie Sie vor der demnächst anstehenden Bundestagswahl die Koalitions-Optionen der SPD und auch eine mögliche große Koalition sehen, insbesondere auch rückblickend auf die letzten 4 Jahre.
Vielen Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüße
Stefan Bäumer
Sehr geehrter Herr Bäumer,
Ihre Frage vom 21. Juli nach meiner Meinung zu den Koalitionsoptionen der SPD nach der Bundestagswahl habe ich erhalten und bedanke mich für Ihre Anregung.
Ich halte auch weiterhin eine Große Koalition eher für ein Zweckbündnis. Trotzdem denke ich, dass wir in den vergangenen vier Jahren vieles erreichen konnten. Die rot-schwarze Regierung hat auch in schwierigen Zeiten bewiesen, dass sie die wirtschaftliche und soziale Stabilität in unserem Land gewährleisten kann.
Die SPD kann mit ihrer Bilanz in der Großen Koalition zudem durchaus zufrieden sein. Wir haben uns am Regierungstisch für Arbeitnehmerrechte und Chancengleichheit stark gemacht. Wie haben zum Beispiel den Mindestlohn für über drei Millionen Menschen durchgesetzt und wollen ihn auf alle Branchen erweitern. Auch und gerade in Zeiten der Krise. Wir halten klar am Ausstieg aus der mit enormen Zukunftshypotheken behafteten Atomenergie fest. Und wir haben die beiden Konjunkturpakete in Höhe von 80 Milliarden Euro erarbeitet und durchgesetzt. Nach Duisburg fließen aus dem zweiten Konjunkturpaket rund 67 Millionen Euro.
Als einzige Partei verbindet die SPD so soziale Gerechtigkeit mit wirtschaftlicher Dynamik und ökologischer Erneuerung. Diese sozialdemokratische Politik ist die richtige für unser Land und deshalb müssen wir sie im Herbst als Regierungspartei weiterführen.
An unserem Wunschkoalitionspartner, den Grünen, halten wir fest. Auch eine Ampelkoalition mit der FDP schließen wir prinzipiell nicht aus, obwohl sie schwierig sein dürfte. Sollten die Wähler den Fortbestand der Großen Koalition beschließen, würden wir das akzeptieren. Eine Koalition mit der Linken wird es auf Bundesebene nicht geben.
Für mich steht jedenfalls fest: Die SPD muss weiter regieren und wir müssen eine schwarz-gelbe Koalition verhindern. Denn diese würde bedeuten: Steuersenkungen für Gutverdienende, Kürzungen von Sozialleistungen, ein „Weiterso wie bisher“ für die Banken und einen Abbau von Mitbestimmung und Kündigungsschutz.
Die momentan Umfragewerte für die SPD sind nicht so, wie wir uns das wünschen. Aber auch 2005 hat die SPD in den Monaten vor der Wahl stark zugelegt und alle Prognosen über ihr Abschneiden widerlegt. Es ist also noch alles offen.
Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Pflug