Wird es mit der Union eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht geben?
Hallo Herr Wadephul, Sie haben sich ja erfreulicherweise immer klar für eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht ausgesprochen, wenn diese wieder eingeführt werden sollte. Und Herrn Pistorius sogar kritisiert, weil er seine Fragebogenpflicht auf Männer beschränkt hat. Heißt das, dass es mit der Union als stärkster Fraktion die Wiedereinführung einer nur auf Männer beschränkten Wehrpflicht nicht geben wird? Oder ist auch das denkbar, z.B. wenn die erforderliche 2/3-Mehrheit für eine GG-Änderung nicht zustande kommt oder zu mühsam ist? Herzliche Grüße
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage. Meine Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion und ich persönlich wollen eine echte Wehrpflicht und keinen unverbindlichen Fragebogen. Das hatte Verteidigungsminister Pistorius auch erkannt. Aber er konnte sich in seiner Partei, vor allem aber nicht gegen Bundeskanzler Scholz durchsetzen. Die Bedrohungslage durch Russland, aber auch die Personalprobleme bei der Bundeswehr machen Verpflichtungsmodelle nötig.
Deutschland soll nach unserer Ansicht, ähnlich wie in Skandinavien, zunächst alle mustern und dann diejenigen heranziehen, die wehrdiensttauglich sind und ihre Bereitschaft signalisieren. So könne man Jahr für Jahr zu einer Steigerung der Wehrdienstleistenden kommen. Dies erfordert eine Kraftanstrengung für die Bundeswehr, was Personalerfassung und Ausbildungskapazitäten angeht. Umso dringlicher ist die Etablierung eines Modells, das diesen Erfordernissen von Anfang an auch gerecht wird.
Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, wie es um die Verpflichtung von Frauen geht. Gemäß Artikel 12a, Absatz 4 des Grundgesetzes ist eine Verpflichtung zum Dienst an der Waffe von Frauen unmöglich. Aber viele sehen eine verpflichtende Erfassung als rechtlich möglich an. Die CDU verfolgt langfristig einen verpflichtenden Gesellschaftsdienst für Männer und Frauen. Dauert die zu lange, wird es sicher schon bald eine Diskussion geben, Artikel 12a zu ändern und auch Frauen zu verpflichten.
Jetzt, wo der Weg für Neuwahlen frei ist, kann eine neue Bundesregierung die Chance ergreifen, einen vernünftigen Kompromiss auf den Weg zu bringen, der für die Bundeswehr eine hinreichende Personalausstattung sichert.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Wadephul