Wenn in der Staatengemeinschaft alle Staaten gleichberechtigt sein sollen, wer entscheidet dann welches Land Atomwaffen haben darf? Sind Sie bzw. die CDU/CSU für die Entwicklung eigener Atomwaffen?
Sehr geehrter Herr Wadephul,
aus dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands (Atommacht) auf die Ukraine (Abgabe der Atomwaffen 1991) zeigt sich, welches Bedrohungs- bzw. Schutzpotential sich aus dem Besitz von Atomwaffen gibt.Hätte die Ukraine noch Ihre Atomwaffen aus UdSSR-Zeiten, wäre sie wahrscheinlich nicht angegriffen worden.Nordkorea kann sich alle möglichen Aggressionen erlauben, weil es Atommacht ist.Wer entscheidet eigentlich, dass es privilegierte Länder mit Atomwaffen(USA,Russland,GB,Frankreich,China) gibt und evtl. andere,die sich durch Entwicklung diese beschafft haben(Nordkorea,Indien,Pakistan,Israel und evtl. bald Iran)?Haben dann andere Staaten kein eigenes Anrecht zur Selbstverteidigung mit Atomwaffen?Japan+Südkorea nutzen den US-Schutzschirm und in Deutschland sind wohl noch US-Atomwaffen stationiert.Falls die USA ihren Schutz in Europa reduziert,sind Sie bzw. CDU/CSU für die Entwicklung und Stationierung eigener Atomwaffen bzw Allianz mit Frankreich?Vielen Dank
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Frage über den Besitz von Nuklearwaffen ist durch entsprechende internationale Verträge geregelt. Hier ist allem voran, der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag, auch Atomwaffensperrvertrag zu nennen. Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag umfasst nahezu alle Staaten, nur Indien, Israel, Pakistan und Südsudan sind keine Vertragsparteien. Nordkorea ist im Jahr 2003 aus dem Vertrag ausgetreten.
Deutschland ist seit 1975 dem Vertrag beigetreten. Staaten treten freiwillig durch Unterzeichnung und Ratifizierung dem Atomwaffensperrvertrag bei. Staaten, die bislang keine Nuklearwaffen besitzen und dem Vertrag beigetreten sind, verpflichten sich eigenständig und freiwillig darauf, keine Nuklearwaffen zu entwickeln oder zu erwerben. Vertragsstaaten wie die Vereinigten Staaten, Russland oder China, die bereits solche Waffen besitzen, verpflichten sich darauf, keine nuklearen Waffen an Drittstaaten weiterzugeben und zu Schritten nuklearer Abrüstung.
Die Beschaffung und/oder Entwicklung eigener Atomwaffen in Deutschland ist durch die vertragliche Mitgliedschaft im Atomwaffensperrvertrag nicht möglich. Zusätzlich hat Deutschland im Rahmen des sogenannten „Zwei-plus-Vier-Vertrags“ im Jahr 1990 völkerrechtsverbindlich auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet. Obwohl Deutschland keine eigenen Atomwaffen besitzt, ist die Bundesrepublik über die sogenannte nukleare Teilhabe in die Nuklearpolitik der NATO eingebunden.
Die nukleare Teilhabe ist Teil der Abschreckungspolitik der NATO. Darin erklären sich NATO-Mitgliedsstaaten ohne eigene Nuklearwaffen zur Stationierung von US-Atomwaffen auf ihrem Staatsgebiet bereit und stellen Systeme zur Verfügung, die im Konfliktfall US-Atomwaffen ins Zielgebiet befördern. Durch die Zugehörigkeit zur NATO und durch den nuklearen Schutzschirm der Vereinigten Staaten besteht für Deutschland keine Notwendigkeit, eigene Nuklearwaffen zu beschaffen.
Solange Staaten existieren, die über Atomwaffen verfügen und die unsere europäische Sicherheitsarchitektur offen herausfordern, muss die NATO weiterhin ein nukleares Bündnis bleiben. Deshalb bleibt die deutsche Beteiligung an der nuklearen Teilhabe im Rahmen der NATO wesentlicher Bestandteil einer glaubwürdigen Abschreckung im Bündnis.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Wadephul