Sehr geehrter Herr Wadephul, welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Tatsache, dass China mit den Taliban in Afghanistan ein Abkommen zu Erschließung eines Ölfeldes schließt ?
Als Quelle für diese Anfrage dient ein kleiner Artikel am Ende des Wirtschaftsteils im Weser Kurier. Ich frage mich und Sie, ob der Einsatz zur Verteidigung der Sicherheit der BRD am Hindukusch, den Ihre Partei mit zu verantworten hatte, den hohen Preis wert war.
Alles, wofür die Bundeswehr und die zivilen Helfer sich eingesetzt haben, wird ad absurdum geführt.
Ich hoffe, daß es nicht bei dem kleinen Artikel bleibt und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Regina F.
Sehr geehrte Frau F.,
vielen Dank für Ihre Frage. Der Afghanistan-Einsatz markiert den längsten und umfangreichsten Auslandseinsatz der Bundeswehr. Nach dem offiziellen Ende des Einsatzes hat jetzt der Prozess begonnen, kritisch Bilanz unseres Engagements zu ziehen, der unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung begonnenen und in Regierungsverantwortung der Union weitergeführt worden war. Darum haben wir im Deutschen Bundestag im September 2022 mit einem breiten parlamentarischen Konsens die Enquetekommission "Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ begründet. Sie soll unser Engagement mit wissenschaftlicher Expertise bewerten. Die darin gewonnenen Erkenntnisse müssen praxisnah und zukunftsgerichtet aufbereitet werden, damit wir Lehren für die Gestaltung zukünftiger deutscher Auslandseinsätze ziehen. Wir müssen überprüfen, ob wir in unseren Strukturen und Prozessen für Auslandseinsätze richtig aufgestellt sind; ob wir unsere Ziele realistisch setzen und ob wir die richtigen Mittel bereitstellen, um diese zu erreichen. Hier bin ich in Teilen skeptisch. Deshalb muss diese Diskussion im Rahmen der Enquetekommission mit Nachdruck vorangetrieben und Konsequenzen gezogen werden.
Rückblickend haben unsere Soldaten im Auftrag des Deutschen Bundestags und im Verbund mit den NATO-Partnern in den vergangenen 20 Jahren einen großartigen Dienst in Afghanistan geleistet. Wir sind stolz auf die Soldatinnen und Soldaten und dankbar für ihren Einsatz. Der Afghanistan-Einsatz hat eines gezeigt: Wenn ein NATO-Partner angegriffen wird, stehen wir zusammen und garantieren die kollektive Verteidigung. Klar ist, dass wir Afghanistan auch nach Ende des Einsatzes nicht im Stich lassen. Die Ampel-Regierung muss darum das bisherige entwicklungspolitische und diplomatische Engagement fortsetzen und sich weiterhin intensiv um eine politische Lösung des Konflikts mit den Taliban bemühen. Gerade beim Schutz von Frauenrechten muss Außenministerin Baerbock zeigen, wie sie ihr Konzept einer feministischen Außenpolitik in Afghanistan konkret in die Tat umsetzen will. Die Nachrichten aus Afghanistan über die zunehmende Einschränkung von Freiheitsrechten für Frauen durch die Taliban machen das notwendiger denn je. Es braucht darum nachhaltiges Handeln, anstatt plakativer Überschriften. Denn nur wenn Grundrechte in Afghanistan weiter gelten und die Erfolge der letzten 20 Jahre bei Sicherheit, Bildung, Wirtschaft und Gesundheit fortbestehen, wird das Land zu Stabilität finden.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Wadephul