Frage an Johann Wadephul von Fred G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wadephul,
drastische Maßnahmen wie ein harter Lockdown sind in der Pandmie sicherlich für einen begrenzten Zeitraum notwendig. Irgendwann sind aber alle Mittel ausgeschöpft, die man der Bevölkerung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zumuten kann und man muss möglicherweise umdenken, weil die sozialen, wirtschaftlichen und letztendlich auch gesundheitlichen Folgen zu groß werden und den Nutzen eines Lockdowns überwiegen könnten. Man muss dann vielleicht mit einer höheren Virusverbreitung leben und sich auf verträglichere Maßnahmen wie flächendeckende Schnelltests, Masken usw. beschränken.
Deshalb meine Fragen:
1. Denken Sie über ein solches Szenario nach, in dem man irgendwann nicht mehr vorwiegend auf epidemiologische Werte schaut und trotzdem stufenweise lockert? Oder sind für Sie persönlich Inzidenzzahlen und die Situation der Krankenhäuser immer das Maß aller Dinge, auch wenn der Lockdown vielleicht 6, 7, 8 Monate dauert und an anderer Stelle teils schwer abzuschätzende Schäden anrichtet?
2. Was tun Sie und Ihre Fraktion, um diese Schäden einzurechnen und mit dem Nutzen eines harten Lockdowns abzuwägen?
3. Setzen Sie sich dafür ein, dass im Bundestag mehr über diese schwierigen Dilemmata diskutiert und auch entschieden wird oder nehmen Sie die aktuelle Dominanz von Kanzleramt und Landesregierungen gegenüber den Parlamenten in Kauf?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sowie zur Begrenzung der negativen Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und des Gesellschaftslebens.
Ich stimme Ihnen zu: Es ist eine schwere Zeit, in der uns allen viel abverlangt wird. Auch mein beruflicher und natürlich auch mein privater Alltag stehen unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Soziale Distanz, Einhaltung der Hygiene-Regeln, das Tragen von medizinischen oder von FFP2-Masken und die Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung betreffen jeden von uns. Hinzu kommt für die vielen Unternehmer, die Angestellten und Selbstständigen die Sorge um die wirtschaftliche Existenz. Auch Familien stehen angesichts geschlossener Schulen und KITAS vor großen Herausforderungen, ihren Alltag zu bewältigen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass weiterhin Neuinfektionen und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus zu verzeichnen sind.
Allerdings gibt es hoffnungsvolle Anzeichen. Die seit dem 16. Dezember beschlossenen Maßnahmen wirken. Die Zahl an Neuinfektionen sinkt. Nichtsdestotrotz bleiben die Todeszahlen hoch. Das bedeutet für uns, dass wir auch bei dem rückläufigen Neuinfektionsgeschehen angesichts vermehrt auftretender Mutationen keinesfalls nachlässig werden dürfen. Die aktuelle Situation in Großbritannien und in Portugal zeigt eindeutig das Gefahrenpotential der mutierten Virus-Varianten. Das Infektionsgeschehen muss soweit reduziert werden, dass Infektionswege für unsere Gesundheitsämter wieder nachvollzogen werden können. Nur so kann sichergestellt werden, dass Neuinfektionen nachverfolgbar bleiben und damit schnell eingedämmt werden können.
Für mich steht fest: Die Maßnahmen können nur gelockert werden, wenn dies angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens möglich ist. Niemanden ist geholfen, wenn vorschnelle Lockerungen zu einem unkontrollierbaren Infektionsgeschehen und einer Überlastung unseres Gesundheitssystems und damit einhergehenden Konsequenzen führen.
Gemeinsam mit der Bundesregierung sowie meinen Kolleginnen und Kollegen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion arbeite ich mit Hochdruck daran, die von Ihnen angesprochenen Schäden zu reduzieren. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das größte Rettungspaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verweisen, das bereits zu Beginn der Pandemie im Frühjahr letzten Jahres verabschiedet worden war. Der Deutsche Bundestag spielt bei der Bekämpfung der Pandemie eine zentrale Rolle und war von Anfang an aktiv daran beteiligt, den rechtlichen Rahmen für den Kampf gegen die Ausbreitung von Covid-19 zu setzen. Allein von März bis November letzten Jahres hat sich der Deutsche Bundestag über 70 Mal mit dem Thema beschäftigt. Bei der dritten Neufassung des Bevölkerungsschutzgesetzes Ende letzten Jahres wurde ein zusätzlicher Paragraf eingeführt, der genau festlegt, womit Bund und Länder ermächtigt würden, um die schwierige Lage in den Griff zu bekommen.
Abschließend erlaube ich mir ausdrücklich zu betonen, dass alle Maßnahmen zum Kampf gegen die Corona-Pandemie fortlaufend auf ihre Wirkung geprüft und bei Bedarf nachgebessert werden. Ich selbst bin fortlaufend im Austausch u.a. mit betroffenen Unternehmern, Selbstständigen und Einzelhändlern und nehme Hinweise und Anregungen immer dankbar auf und trage diese an den entsprechenden Stellen in meiner Fraktion, beim Koalitionspartner und der Bundesregierung vor.
Mit freundlichen Gruß
Johann Wadephul