Frage an Johann Wadephul von Stefan K.
Sehr geehrter Herr Wadephul,
ich würde mich freuen wenn Sie mich über Ihre Position zum Thema Fracking-Verbot in Deutschland informieren könnten.
Mit freundliche Grüßen
Stefan Krebs
Sehr geehrter Herr Krebs,
vielen Dank für Ihre E-Mail zum Thema Erdgasförderung und der Anwendung der Fracking-Technologie.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Zudem haben wir dort vereinbart, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.
Zur Umsetzung dieser Vorgaben des Koalitionsvertrages haben das Bundesumweltministerium (BMUB) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im November 2014 ein Paket von Gesetz- und Verordnungsentwürfen vorgelegt. Geplant sind unter anderem Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bergrechts. Hier läuft derzeit die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.
Tatsache ist: Die Fracking-Technologie ist ein in der konventionellen Gasförderung in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bewährtes Verfahren und steht derzeit für rund ein Drittel der heimischen Erdgasförderung. Die vorliegenden Regelungsentwürfe verschärfen die bestehenden, bereits sehr strengen Umwelt- und Wasserschutzvorgaben bei der Anwendung der Fracking-Technologie nochmals erheblich mit dem Ziel eines noch besseren Schutzes von Gesundheit, Umwelt und Wasser. Lassen Sie mich hierzu einige Punkte stichwortartig nennen:
- Fracking jeglicher Art soll in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutz sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten sein. Die Länder sollen darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können. In Nationalparks- und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt.
- Im gesamten Einzugsbereich von Stellen zur Entnahme von Wasser für die öffentliche Wasserversorgung oder zur unmittelbaren Verwendung in Lebensmitteln darf eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen sein (wasserrechtlicher Besorgnisgrundsatz).
- Für jede Form von Fracking wird künftig eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend eingeführt. Die zuständigen Bergbehörden müssen bei einer möglichen Zulassung stets das Einvernehmen mit den Wasserbehörden herstellen. Damit haben die Wasserbehörden künftig faktisch ein Vetorecht.
- Die eingesetzten Fracking-Gemische dürfen laut Gesetzentwurf im Bereich des konventionellen Fracking „nicht wassergefährdend“ oder allenfalls „schwach wassergefährdend“ sein. Die eingesetzten Stoffe müssen zudem umfassend offengelegt werden. Im gesamten Prozess sind weitere strenge und umfassende Sicherheitsauflagen zu erfüllen (u.a. Erstellung Ausgangszustandsbericht, Grund- und Oberflächenüberwachung, Überwachung des Lagerstättenwassers, der Rückflüsse und der Bohrlochintegrität etc.).
- Beim Umgang mit Rückfluss und Lagerstättenwasser wird vollumfänglich der Stand der Technik vorgeschrieben. Auch hier ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung verbindlich durchzuführen.
- Zudem wird das Bergschadensrecht verschärft. So wird beispielsweise die Beweislast für mögliche Bergschäden den Unternehmen auferlegt.
Anders als bei der o.g. konventionellen Gasförderung gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungen mit der Gasförderung in so genannten unkonventionellen Lagerstätten, also in Schiefer- und Kohleflözgestein. Klar ist:Zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand wird es kein kommerzielles unkonventionelles Fracking in Deutschland geben.
Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung sehen deshalb für Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb 3000 Metern Tiefe ein generelles Frackingverbot vor. Lediglich wissenschaftlich begleitete und überwachte Probebohrungen sind unter strengsten Umweltanforderungen möglich, um die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich erforschen zu können. Nach 2018 können in Ausnahmefällen Fördergenehmigungen erteilt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch äußerst streng gefasst:
- eine unabhängige Expertenkommission aus sechs Mitgliedern (davon drei Umweltinstitute) muss den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation mehrheitlich als grundsätzlich unbedenklich einstufen,
- die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe beim Umweltbundesamt muss die verwendeten Fracking-Gemische als nicht wassergefährdend einstufen und
- alle sonstigen umfassenden öffentlich-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (d.h. insbesondere zum Wasser-, Boden- und Umweltschutz) müssen vorliegen.
Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung liegt ausschließlich bei den zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Diese sind also an das Votum der o.g. unabhängigen Expertenkommission nicht gebunden. Sollte eine Fracking-Maßnahme unter all diesen Voraussetzungen genehmigt werden, so gelten die oben im Bereich der konventionellen Erdgasförderung genannten Auflagen vollumfänglich. Insgesamt sind die vorgesehenen Umwelt- und Trinkwasserschutzmaßnahmen also sehr weitreichend.
Im anstehenden Gesetzgebungsverfahren werden wir die Regelungsentwürfe der Bunderegierung intensiv prüfen und beraten. Der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Trinkwasser bleibt dabei erstes Gebot. Gleichzeitig muss der gesetzliche Rahmen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn offen halten sowie die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung in Deutschland auch weiterhin ermöglichen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf bestehende Ängste und Vorbehalte gegenüber der Fracking-Technologie ist eine Versachlichung der Debatte erforderlich. Es ist deshalb richtig und zielführend, dass die Bundesregierung in ihren Entwürfen Wissenschaft und Forschung eine zentrale Stellung einräumt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Johann Wadephul, MdB