Frage von Lukas G. •

Mögliche Einbindung Deutschlands in die französische nukleare Abschrekung?

Sehr geehrter Herr Wadephul,

wenn Donald Trump als US-Präsident die transatlantische Sicherheitsarchitektur infrage stellt oder sich aus der europäischen Abschreckungspolitik zurückzieht, sollte Deutschland dann eine engere Kooperation mit Frankreich in der nuklearen Abschreckung eingehen? Wäre es aus sicherheitspolitischer Sicht denkbar, dass Deutschland – ähnlich wie bei der bisherigen US-Nuklearteilhabe mit den B61-Bomben – französische ASMP-A-Nuklearraketen mit Rafale-Kampfjets in Deutschland stationiert und im Ernstfall nach französischem Befehl einsetzt? Könnte dies eine realistische Alternative zur bisherigen Abhängigkeit von der US-Nukleargarantie sein?

Mit freundlichen Grüßen

Lukas.G

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Anfrage hinsichtlich einer deutschen Kooperation mit Frankreich bei der nuklearen Abschreckung. Fakt ist, dass trotz steigender Rüstungsausgaben, ein mit konventionellen Waffen stärker werdendes Europa absehbar nicht in der Lage sein wird, ein nuklear bewaffnetes Russland effektiv abzuschrecken. Die nukleare Komponente ist weiterhin zentraler Bestandteil der Abschreckungsfähigkeit innerhalb der NATO. Briten und Franzosen verfügen in ihren Streitkräften zwar über nukleare Fähigkeiten, diese sind in Sachen Stückzahl, Einsatzdoktrin und Verbringung in einem möglichen Gefechtsfeld jedoch nicht in der Lage, die USA zu ersetzen. Entscheidend ist darum, dass die USA mit ihrer nuklearen Triade weiterhin als der zentrale Pfeiler des nuklearen Schutzschirms der NATO für Europa agieren. Die Beschaffung von F-35 Kampfjets aus den USA für die deutsche Luftwaffe ist darum auch ein Signal, dass Deutschland weiterhin ein verlässlicher Partner bei der nuklearen Teilhabe der NATO sein wird. 

Angesichts der Sicherheitslage in Europa durch den russischen Angriffskrieg und der Veränderungen im transatlantischen Verhältnis ist es folgerichtig, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien verstärkt eine strategische Debatte darüber führen, wie britische und französische Atomwaffen für den Schutz Europas eingebunden werden können. Ob und in welcher Form dies geschieht, sollte man nicht voraus greifen. Jegliche Debatten müssen jedoch in engster Abstimmung innerhalb der NATO geführt werden. Frankreich ist bislang nicht Teil der nuklearen Planungsgruppe der NATO und verfügt über eine andere Nukleardoktrin für den Einsatz ihrer Waffen als die NATO mit der nuklearen Teilhabe. Eine effektive Abschreckung setzt voraus, dass militärische Planungen und Reaktionen auf strategischer und taktischer Ebene aufeinander abgestimmt sein müssen. Dieser Punkt ist relevant. Denn grundsätzlich können Bestandteile der französischen Nuklearstreitkräfte nur eine Ergänzung des US-Nuklearschirms innerhalb der NATO darstellen und keine Alternative.

Mit freundlichen Grüßen 

Johann Wadephul 

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