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Johann Wadephul
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Frage von Heribert K. •

Frage an Johann Wadephul von Heribert K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Dr. Wadephul,

meine Frage betrifft den Bereich „Kapitalmarktsteuer – Transaktionssteuer“:

Problematisch scheint die Einführung einer europäischen Kapitalmarktsteuer ja aus dem Grund zu sein, dass sich das Kapital immer den günstigsten Handelsplatz sucht. Wie kann nun ein Handelsplatz dazu gebracht werden, eine derartige Steuer einzuführen?

1. Könnten nicht Steuereinnahmen aufgrund von Transaktionssteuern direkt dem ESFS oder IWF zufließen – kraft eigener Steuerhoheit, wobei – ähnlich wie bei der Umsatzsteuer – die einzelnen EU-Staaten für Rechnung des ESFS die Steuer eintreiben? Die Steuereinnahmen dienen dazu, systemische Banken und in Schieflage geratene Länder in der Krise zu stützen. Nur systemische Banken in Ländern und Länder als solche, in denen Transaktionssteuern erhoben werden, können von diesem Rettungsschirm Gebrauch machen.

2. Ratingagenturen werden im Rahmen ihrer Länder-Rating-Bewertung überprüfen, ob Transaktionssteuern in dem jeweiligen Staat erhoben werden. Staaten, die keine Transaktionssteuern erheben und aus diesem Grund keinen Leistungsanspruch aus dem Rettungstopf erhalten, werden in ihrer Kreditwürdigkeit aufgrund „gesetzlicher Vorgaben“ herabgestuft. Gleiches geschieht mit den dort geschäftsansässigen Banken. Dann stünde es jedem Land frei, ob es die Transaktionsteuer einführt oder nicht.

3. Die Frage ist, ob und wie man Ratingagenturen dazu bewegen kann, die Frage von Transaktionssteuern mit in deren Bewertung einfließen zu lassen. Zumindest bei der von der EU geplanten Ratingagentur sollte das möglich sein.

Gibt es die Möglichkeit, Ratingagenturen zumindest teilweise einen Rahmen für deren Bewertung vorzugeben? Wer wäre dazu in der Lage?

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Karsch

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Sehr geehrter Herr Karsch,

vielen Dank für Ihre Email vom 29. September, in der Sie sich mit einer möglichen Kapitalmarktsteuer und Verbesserungen bei der Regulierung von Ratingagenturen auseinander setzen.

Ich teile Ihre Auffassung, dass Maßnahmen entwickeln werden müssen, mit denen die Verwendung externer Ratings verringert werden kann. Dies sollte durch die Europäische Kommission auf der Grundlage der von ihr durchgeführten Konsultation zu Ratingagenturen geschehen.

Ziel der Regulierungsinitiativen sollte in erster Linie die Verringerung einer mechanischen Verwendung externer Ratings sowohl durch öffentliche Stellen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich sein. Die Verpflichtungen bzw. Anreize für Investoren zu einer eigenständigen Risikobeurteilung sollten daher verstärkt und von den entsprechenden Aufsichtsstellen regelmäßig auf ihre Angemessenheit und Einhaltung hin überprüft werden. Darüber hinaus müssen weitere Maßnahmen geprüft werden, die darauf abzielen, die Ratingqualität zu verbessern, den Wettbewerb im Ratingmarkt zu stärken, zivilrechtliche Haftungsregelungen für Ratingagenturen einzuführen sowie Interessenkonflikte bei Ratingagenturen zu mindern.

Unser Ziel ist, die Entwicklung konkreter gesetzlicher Maßnahmen auf europäischer Ebene voranzutreiben. Wir setzen uns dafür ein, dass die Europäische Kommission möglichst rasch entsprechende Rechtsetzungsvorschläge vorlegt. Hierzu stehen wir in engem Kontakt mit der Europäischen Kommission und unseren Kollegen aus dem Europäischen Parlament.

Um den Wettbewerb im Ratingmarkt zu stärken, begrüße ich ausdrücklich die Gründung einer neuen, leistungsfähigen europäischen Ratingagentur. Ich halte aber nichts davon, wenn sie öffentlich-rechtlich organisiert wird oder sich der Bund oder die EU an ihr beteiligen. Außerdem muss sie so organisiert sein, dass das Leitungsorgan vollständig unabhängig von den Kapitalgebern ist. Nur so kann ein Beitrag dazu geleistet werden, dass Interessenkonflikte verringert werden.

Im Hinblick auf eine Finanzmarktsteuer befürworte ich eine europäische oder internationale Lösung, da einzelstaatliche Mechanismen in der inzwischen weltweiten Vernetzung auf dem Kapitalmarkt nicht zielführend sind. Die Attraktivität rein spekulativer Börsengeschäfte ist dadurch verringert. Zudem bringt sie ein Zuwachs an Stabilität an den Finanzmärkten. Gleichzeitig hätte dies eine Beteiligung der Finanzwirtschaft an den Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Folge. Dies ist mehr als nur wünschenswert, nachdem die deutschen Steuerzahler bereits einen erheblichen Beitrag zur Überwindung der Krise geleistet haben. Trotz erheblicher Bemühungen von deutscher Seite konnte hier bislang allerdings keine Einigung erzielt werden. Wir werden jedoch alles daran setzen, in einem ersten Schritt eine solche Steuer auf europäischer Ebene einzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johann David Wadephul, MdB

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