Frage an Johann Wadephul von Frank W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Wadephul,
„Der Bundesrat möchte bei den Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichten, vor denen Rechtsstreitigkeiten in englischer Sprache geführt werden können. Aus diesem Grund hat er heute einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingebracht.“
So die Einleitung einer Presseerklärung des Bundesrates vom 07.Mai 2010
Nun frage ich Sie als Mitglied des Bundestages und Vertreter unserer Region, und damit in Kürze mitverantwortlich für ein Abstimmungsergebnis, wie Ihr Standpunkt zum Erhalt der deutschen Sprache aussieht.
Welche Vorteile oder Nachteile für ein derartiges Vorhaben können Sie erkennen? Wissen Sie schon, wie Sie abstimmen werden?
Als Schleswig-Holsteiner beherrsche ich neben dem Hochdeutschen natürlich auch Plattdeutsch. Wie wäre es, an den hiesigen Gerichten Platt zuzulassen?
Freue mich auf eine baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen und ohne „best regards“
Frank Weisner
Berlin, 20.05.2010
Sehr geehrter Herr Weisner,
für Ihre Email vom 9. Mai 2010, in der Sie die Initiative des Bundesrates über die Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen ansprechen, danke ich Ihnen.
Auf Nachfrage hat mir die zuständige Arbeitsgruppe Recht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mitgeteilt, dass der entsprechende Gesetzentwurf des Bundesrates bislang noch nicht dem Deutschen Bundestag zugeleitet worden ist. Deshalb ist zu diesem Zeitpunkt eine abschließende Bewertung noch nicht möglich.
Die Begründung des Gesetzentwurfes geht davon aus, dass bedeutende wirtschaftsrechtliche Verfahren heutzutage entweder vor Schiedsgerichten oder im englischsprachigen Ausland verhandelt werden, weil ausländische Vertragspartner und Prozessparteien davor zurückschrecken, in einer ihnen fremden Sprache zu verhandeln, und weil Vertragssprache (zumeist Englisch) und Verfahrenssprache andernfalls auseinanderfallen würden, was für die Vertragsauslegung problematisch sei. Da zumeist eine Deckungsgleichheit von gewähltem Recht und vereinbarten Gerichtsstandort bestünde, ergäben sich hierdurch, trotz seiner unbestrittenen Qualität, auch negative Auswirkungen auf die Vereinbarung des deutschen Rechts zwischen den Vertragsparteien, was für die deutsche Wirtschaft nachteilhaft sein könne. Durch die Einführung von Kammern für internationale Handelssachen und Englisch als Gerichtssprache sollen diese beiden Aspekte, Wahl Deutschlands als Gerichtsstand und Wahl des deutschen Rechts, gefördert werden.
Durch den Gesetzentwurf wurde festgestellt, so die weitere Begründung, dass die Einführung von Kammern für internationale Handelssachen eine hohe Fremdsprachenkompetenz, insbesondere der entsprechenden Richter, voraussetze, die aber bereits heute bei vielen Richtern vorhanden sei und nötigenfalls durch Fortbildung erweitert werden könne. Schließlich wird in der Begründung des Gesetzentwurfes hervorgehoben, dass sich die Einführung von Englisch als Gerichtssprache auf internationale Handelssachen, also auf Rechtstreitigkeiten zwischen Kaufleuten und Unternehmen mit internationalem Bezug, beschränken soll.
Die Auswirkungen auf die Verbreitung der deutschen Sprache dürften insgesamt überschaubar sein, wenn man davon ausgeht, dass die Gerichtsverfahren, um die es vorliegend geht, bereits heute meist nicht auf Deutsch geführt werden, weil die entsprechenden Rechtsstreitigkeiten vor ausländischen Gerichten oder vor Schiedsgerichten ausgetragen werden.
Sehr geehrter Herr Weisner, ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine ausreichende Antwort auf Ihre Fragen gegeben zu haben und werde Sie bei Interesse gerne über den weiteren Stand des Gesetzgebungsverfahrens informieren.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Johann David Wadephul, MdB