Frage an Johann Wadephul von Holger W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Wadephul,
wie wollen Sie den zur Bewältigung der Haushaltskriese und zum dringend notwendigen Schuldenabbau von fast allen Parteien als notwendig angesehenen Personalabbau im öffentlichen Dienst durchführen, wenn Ihre Partei die CDU, die von Arbeitsminister Scholz vorgeschlagene/geforderte Verlängerung der Vorruhestandsregelung ablehnt ??
Die Vorruhestandsregelung ist nicht zuletzt auch eine große Chance für junge Leute in den ersten Arbeitsmarkt zu gelangen, ein Weg der ohne die Verlängerung für viele blockiert bleiben wird! Werden Sie sich für die Verlängerung der Vorruhestandsregelung einsetzen ?
Oder plant Ihre Partei zum Personalabbau gerade im öffentlichen Dienst auch Entlassungen ?
Nun noch zu einem anderen sehr brisanten Thema :
Mitten im "Naturpark Westensee" liegt der Tontauben-Schießplatz Warder, und damit wohl das größte "legale" Umweltverschmutzungsgebiet des Landes! Täglich dürfen hier "gutbetuchte" Schützen, die meistens nicht einmal in Schleswig-Holstein wohnen, mit Blei auf Tontauben schießen !
Damit belästigen sie nicht nur die Anwohner von Warder und Groß Vollstedt mit Lärm, sondern sie belasten die schützenswerte Fuhlenauniederung mit Blei und anderen hochgiftigen teils krebserregenden Stoffen !
Inzwischen liegen hier nachweislich über 350 t Blei ! (Quelle: Bodengutachten des Kreis Rendsburg von 2008 (siehe auch www.schiesslaerm.de) Jeder Bürger der nur eine alte Autobatterie abstellt wird zurecht strafrechtlich verfolgt - nur auf dem Schießplatz Warder passiert merkwürdigerweise nichts, obwohl hier schon ca. 2800 "Autobatterien" in der Landschaft liegen - und TÄGLICH werden es mehr! Das alles findet mit Duldung der zuständigen Behörden statt, die sich scheuen - warum auch immer - hier endlich einmal konsequent durchzugreifen !
Meine Frage: Was wollen Sie gegen diesen immer noch uneingeschränkt fortgesetzten Umweltskandal mitten in unserem Naturpark Westensee tun ??
m.f.G.
Holger Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
gerne beantworte ich Ihre Fragen zur "Altersteilzeit" und zum "Naturpark Westensee":
*1.) Zur staatlich geförderten Altersteilzeit*
Manchmal wird aus einem Gesetz in der praktischen Anwendung nahezu das Gegenteil dessen, was es bezwecken wollte. Das Altersteilzeitgesetz aus dem Jahr 1996 ist dafür ein Beispiel. Aus dem "Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand" ist ein Gesetz zur Förderung des vorzeitigen Ruhestands geworden. Es hat einer sehr populären Variante jener Frühverrentungen geebnet, die es eigentlich bekämpfen sollte. Aus der Alternative "Altersteilzeit statt Frühverrentung" ist die Kombination "Altersteilzeit und Frührente" geworden.
Die Hoffnung, mit dem Gesetz eine Abnahme der Altersarbeitslosigkeit durch die Weiterbeschäftigung Älterer in Teilzeit und eine Wiederbesetzung der halben Stellen zu erreichen, hat sich als Illusion erwiesen.
In diesem Sinne war es anerkennenswert, dass sich der damalige sozialdemokratische Bundesarbeitsminister und heutige SPD-Vorsitzende Müntefering zur Notwendigkeit bekannte, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anzuheben und konsequenterweise den Ausstieg aus der Förderung der Altersteilzeit bis zum Ende diesen Jahres anzukündigen. Dies war ein wesentlicher Punkt der Agenda 2010, deren Architekt Frank-Walter Steinmeier war.
Denn es kann nicht sein, dass die Steuer- und Beitragszahler den durch das Gesetz bewirkten Personalabbau über die Abgabenfreiheit der Aufstockungsbeträge subventionieren. Jährlich gibt die Bundesagentur für Arbeit etwa 1,3 Milliarden Euro aus. Laut DIHK summieren sich die Ausfälle in der Kranken- und Pflegeversicherung auf jährlich 400 Mio. Euro, die steuerliche Begünstigung der Altersteilzeit koste weitere 500 Mio. Euro.
Hinzu kommt, dass die Erfahrung und Qualifikation älterer Arbeitnehmer angesichts des Fachkräftemangels unverzichtbar für uns sind.
Hinter diesen Reformen steckt eine einfache Einsicht, der sich die Politik nicht länger verschließen konnte und kann: Wir werden alle immer älter, beziehen also länger Rente. Soll das System der Altersvorsorge nicht zusammenbrechen, müssen wir länger arbeiten. Und weil wir mehr gesunde Lebensjahre genießen dürfen, können wir das auch.
*2.) Zum "Naturpark Westensee"*
Schießanlagen sind nur im Außenbereich zu verwirklichen und dort privilegiert -- so auch in Warder. Die emissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde im Jahr 2002 erteilt.
Es ist unbestritten, dass viele Bürger die Betreibung des Schießplatzes als Lärmbelästigung empfinden. Die Schießrichtung hat einen erheblichen Einfluss auf den Lärm am Standort. Dazu liegen Aussagen eines Schallgutachters vor. Ungeachtet dessen liegen der Landesregierung keine Informationen darüber vor, dass die Emissionsschutzwerte verletzt werden.
Auch im Umweltausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages wurde diese Thematik behandelt. Die letzten Informationen aus dem Umweltministerium stammen aus dem Dezember 2008. Eine Detailuntersuchung im Auftrag des Kreises Rendsburg-Eckernförde durch einen Sachverständigen wurde auf der Fachebene ausgewertet.
Folgende Punkte der Ergebnisse und Empfehlungen der Gefährdungsabschätzung wurden auf Fachebene beraten:
- Zusätzliche Einzäunung des Niedermoores.
- Aufgrund des hohen Bindungsvermögens von Blei besteht für das belastete Niedermoor kein Sanierungsbedarf, lediglich weiterer Überwachungsbedarf.
- Für die Fuhlenau wird seitens des Gutachters empfohlen, das belastete Sediment zu entfernen. Vor einer abschließenden Entscheidung sind jedoch weitere Untersuchungen zu den tatsächlichen Auswirkungen erforderlich.
- Es gibt nachvollziehbare Empfehlungen zur Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung auf angrenzenden Flächen.
- Das StUA Kiel prüft zusammen mit dem Kreis Rendsburg-Eckernförde, welche Gutachterempfehlungen über Auflagen im laufenden Betrieb umgesetzt werden können.
"Insgesamt ist festzuhalten, dass sich der Sanierungsbedarf -- derzeit -- wenn überhaupt -- auf das Gewässer beschränkt, es aber weiterhin Überwachungspflichten geben wird. Diese kommen vor allem zum Tragen, wenn es zu Änderungen der Wasserhaltung kommt." (Umdruck 16/3779)
Hierzu besteht weiterer Untersuchungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Schadstoffbelastung der Fuhlenau, um die Gefährdungsabschätzung abschließen zu können. Das ins Gespräch gebrachte Abstellen des Schöpfwerkes an der Fuhlenau hat zusätzliche Laborversuche erforderlich gemacht. Bedauerlicherweise wird auf Grund dieser Verzögerung das abschließende Gutachten erst Ende November 2009 vorliegen,
Die Aussagen belegen, dass diese Problematik erkannt und entsprechend gehandelt wird. Nach meiner festen Überzeugung war es ein Fehler, den Schießplatz zu genehmigen. Wir leben aber in einem Rechtsstaat und nach dessen Regeln wird auch über den Schießplatz entschieden.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Johann Wadephul