Frage an Johann Saathoff von Manfred A. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Saathoff!
Durch die zunehmenden Flüchtlinge stehen auch die Sozialsysteme vor Aufgaben,die sie niemals ohne gravierende Kürzungen bei den Betroffenen zufriedenstellend bewältigen können.
Sind sie daher auch der Meinung, das der bisher geschaffene Sozialstaat nicht nur erhalten, sondern auch so reformiert werden sollte, das er auf ein zukunftssicheres stabiles Fundament gesetzt werden muss.
Das kann nur geschehen, wenn alle Bürger einbezogen werden. Also auch Politiker, Beamte, Selbstständige und Freiberufler müssten künftig gemeinsam Beiträge in eine neue Bürgerversicherung einzahlen. Und zwar nicht nur Beiträge auf Löhne und Gehälter, sondern auf alle anderen Einkommen auch.
Auch gehört dazu, das die Beitragsbemessungsgrenze aufgegeben werden muss, damit sehr gut verdienenden oberhalb der heute geltenden Bemessungsgrenze sich der Solidarität nicht entziehen können. In dieser neuen Bürgerversicherung sollte unbedingt eine soziale Grundsicherung einfließen, die ihren Namen, im Gegensatz zum heutigen Hartz4, auch verdient. Erschreckend ist inzwischen bekannt geworden, das trotz einer christlich/roten Regierung die Kluft zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander strebt.
Um zukünftig den sozialen Frieden nicht zu gefährden, muss davon Abstand genommen werden, den Gürtel nicht enger schnallen zu wollen, sondern die Ungerechtigkeit in der Umverteilung von unten nach oben zu beenden. Dazu gehört auch eine nue unterstütze Steuerpolitik. Alleine durch die Körperschaftssteuerreform 2008 verringerte sich 2009 gegenüber 2007 die Einnahmen von 22,9 Mrd Euro auf nur 7,2 Mrd Euro. Können daher die Bürger in Deutschland sicher sein, das nach der Bundestagswahlen 2017 keine Mehrwertsteuererhöhung notwendig sein wird, weil es bei Bedarf genügend sozialgerechtere Steuermöglichkeiten geben wird?
Finden Sie, das sich die SPD seit Schröder, Müntefering und Clemens mehr um die Rendite der Wirtschaft sorgt, statt ihre ursprünglichen Werte zu verteidigen?
Sehr geehrter Herr Atorf,
haben Sie vielen Dank für Ihre Hinweise in Bezug auf die so genannte „Bürgerversicherung“.
Sofern Sie mit der von Ihnen angesprochenen „Bürgerversicherung“ die so genannte „Krankenversicherung für alle“ meinen, rennen Sie bei mir und meinen Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Bundestagsfraktion „offene Türen“ ein. In der Tat ist das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenkasse nicht konsequent. Daher spricht sich die SPD-Bundestagsfraktion für die Einführung einer einheitlichen Bürgerversicherung aus. Gemäß diesen Plänen würden alle Bürger zur Einzahlung in ein solidarisches Gesundheitssystem verpflichtet: so müssten auch Selbstständige, Freiberufler und Beamte, die derzeit vielfach privat vorsorgen, einen Beitrag zur Bürgerversicherung leisten. Für gesetzlich Versicherte würde die Zwei-Klassen-Behandlung abgebaut. PKV-Versicherte könnten von massiven Beitragssatzsteigerungen im Alter und überteuerten Behandlungen entlastet werden. Gerade im Alter geraten viele PKV-Versicherte an ihre finanziellen Grenzen oder werden überfordert. Dann können sie aber nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung zurück. Die SPD-Bundestagsfraktion steht für die Bürgerversicherung und für die Parität im Gesundheitssystem, die Union allerdings möchte an der Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung festhalten und ist gegen die Parität. Darüber hinaus müssen jeder Beitragsleistung in den sozialen Sicherungssystemen angemessene Leistungsansprüche aus diesen Systemen gegenüberstehen. Angemessen bedeutet in den solidarischen Versicherungen nicht Proportionalität. Diese Angemessenheit wird durch das Grundgesetz garantiert. Die komplette Loslösung der Beitragshöhe von der Leistungshöhe, wie sie durch die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung entstehen würde, wäre demnach verfassungswidrig. Bei jeder Veränderung der Beitragsbemessungsgrenze sind durch den Gesetzgeber diese verfassungsrechtlichen Ansprüche zu prüfen. Der Zusammenhang von Beiträgen und Leistungen darf nicht vollständig aufgelöst werden. In der Rentenversicherung gilt das oben gesagt – eine Kappung der Leistungen wäre nicht zulässig – den höheren Beitragsausgaben oberhalb der jetzigen BBGn stünden höhere Rentenzahlungen gegenüber, die aufgrund der absehbaren Entwicklung der Anzahl der Erwerbstätigen von immer weniger Versicherten zu finanzieren wären. Die Rentenversicherung wird im Umlageverfahren finanziert. Das bedeutet, dass die Beitragseinnahmen sofort wieder verwendet werden, um die Rentenzahlungen zu finanzieren. Mit einer etwa gleichbleibenden Höhe von ca. 30 Prozent beteiligt sich der Staat an den Ausgaben der Rentenversicherung. Würde der versicherte Personenkreis noch mehr ausgeweitet werden, müsste der Bundeszuschuss dann extrem steigen oder die Beiträge der Versicherten müssten angehoben werden. Beides wäre inakzeptabel. Die Erwerbstätigenversicherung ist im Grundsatzprogramm der SPD verankert. Wir haben im Konventsbeschluss 2012 und im Regierungsprogramm 2013 daran festgehalten: Die Einbeziehung der Selbständigen ohne obligatorische Altersversorgung in die gesetzliche Rentenversicherung reduziert das Risiko von Altersarmut dieses Personenkreises. Dies ist der erste Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel die gesetzliche Rentenversicherung zur Erwerbstätigenversicherung auszubauen. Denn für uns ist klar: Fehlende Alterssicherung, Erwerbsminderung und niedrige Anwartschaften sind die Hauptrisiken für Grundsicherungsbedürftigkeit im Alter. Keine Erwerbstätigkeit darf ohne Absicherung für das Alter bleiben;
Mit freundlichen Grüßen
Johann Saathoff, MdB