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Frage von Juliane H. •

Frage an Jörg Schindler von Juliane H. bezüglich Bildung und Erziehung

6.1 Was ist aus Ihrer Sicht die Ursache des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt und wie sollte man damit politisch umgehen (bitte eine kurze Antwort)?
6.2 Wie kann aus Ihrer Sicht die Bundespolitik zur Stärkung des ländlichen Raumes in Sachsen-Anhalt beitragen?
6.3 Wie wird sich der ländliche Raum entwickeln, wenn so viele Grundschulen geschlossen werden, wie dies die CDU/SPD-Landesregierung in Sachsen-Anhalt vorhat?
6.4 Kann bzw. soll aus Ihrer Sicht die Schulentwicklungsverordnung des Landes vom 30.5.2013 aufgehoben werden? Bitte begründen Sie Ihre Auffassung.
6.5 Welche Chancen sehen Sie, die Schließung vieler Grundschulen in Sachsen-Anhalt zu verhindern

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Antwort von
DIE LINKE

6.1
Ohne die Details des demografischen Wandels hier ausführlich erörtern zu können: Eine wesentliche Ursache des demografischen Wandels in unserer Region liegt in der Abwanderung junger Bürger/-innen begründet. Dies wiederum hat ihre Ursache darin, dass wir von einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik - einem Verfassungsauftrag - nach wie vor weit entfernt sind. Um diesem Verfassungsauftrag näher zu kommen, müssen die sozialen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Bedingungen in Sachsen-Anhalt dringend verbessert, d.h. attraktiver gestaltet werden.

6.2
Ländliche Räume zu stärken, bedeutet - unter Abkehr von bisheriger politischer Vorstellung - die sozialen und infrastrukturellen Bedingungen auch dann weitestgehend zu erhalten oder sogar gegen den Trend auszubauen, wenn dies kurzfristig nicht der Ausdünnung der Bevölkerungsdichte entspricht. Insbesondere bedarf es Mindeststandards bei öffentlicher Daseinsvorsorge auch im ländlichen Raum: Schulen, Gesundheitsvorsorge, ÖPNV, Straßenanbindung, Nutzung der öffentlichen Verwaltungsservice usw... Gerade bei letzterem können wir den wissenschaftlich-technischen Fortschritt nutzen: So ist etwa eine Internet-Breitbandversorgung auch im ländlichen Raum einerseits Attraktivitätsgewinn für die Bürger/-innen, andererseits Basis von Wirtschaftsansiedlungen, aber auch Möglichkeit, auch unter dünn besiedelten Strukturen Dienstleistungsangebote der öffentlichen Verwaltung (Stichwort: Kommunikations- und Antragsportale der Verwaltungen) zu nutzen. Nicht verhehlen dürfen wir dabei auch eine Bedingung: Diese Entwicklung "gegen den Trend" kostet Geld. Es bedarf daher eines fiskalischen Umsteuerns, in unserem gemeinsamen Interesse: Statt "schlankem Staat" mit weniger Steuereinnahmen und Verschuldung benötigen wir einen handlungsfähigen Staat, der durchaus von Bezieher/innen hoher Einkommen als auch Besitzer/-innen hoher Vermögen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit wieder mehr Steuern abverlangt - denn klar ist: Die unteren Einkommensbezieher/-innen können dies finanziell nicht leisten, sind aber am stärksten von den Auswirkungen betroffen. Gerade sie sind existenziell auf ÖPNV, den Hausarzt in der Nähe oder die staatliche Schule vor Ort angewiesen. Ein Umsteuern bedeutet daher auch ein Stück soziale Gerechtigkeit.

6.3.
Die Schließung der Grundschulen wie von der CDU/SPD-Landesregierung geplant ist eine politische Katastrophe und muss verhindert werden. Alle Erfahrung sagt: Wo die Schule geschlossen wird, stirbt ein erheblicher Teil sozialen Lebens im Ort. Zudem verlängern sich Schülerbeförderungswege und -kosten erheblich. Schulschließungen sind daher ein Phyrrussieg eines kurzfristigen finanzpolitischen Effizenzdogmatismus. Wir brauchen daher eine Schulentwicklungsplanung, die auch in diesen Orten Schulen erhält. Aber auch hier gilt: Dies wird ohne ein Umsteuern in finanzpolitischen Konzeptionen, ohne Mehreinnahmen der öffentlichen Haushalte, nicht zu haben sein. Wer also Schulschließungen verhindern will, muss zugleich für eine steuerpolitische Umverteilung und Einnahmegenerierung eintreten statt ständiger Kürzungen oder gar einem steuerpolitischen St.-Florians-Prinzip ("Kürz nicht mich, sondern andere").

6.4.
Die Schulentwicklungsverordnung muss aufgehoben und durch eine wirklich zukunftsfähige Schulentwicklungsplanung ersetzt werden. Die Begründung ergibt sich aus 6.3.

6.5.
Schulschließungen werden aktuell nur dann zu verhindern sein, wenn öffentlicher Druck auf die Landesregierung aufgebaut wird, davon abzulassen. Dies kann im öffentlichen Raum, im Gespräch mit Bürger/-innen am Arbeitsplatz, im Verein, in der Nachbarschaft geschehen. Zugleich rate ich: Sprechen Sie Ihre Landtagsabgeordneten an - fühlen Sie diesen auf den Zahn, organisieren Sie öffentliche Diskussionen mit ihnen oder eine Elterninitiative gegen die Schließung Ihrer Schule! Und natürlich nicht zuletzt - entscheiden Sie bei den Landtagswahlen, welches schulpolitische (und wie beschrieben: finanzpolitische) Konzept der antretenden Parteien Ihnen am ehesten zusagt. Hierfür darf ich Ihnen selbstverständlich die Position der Partei DIE LINKE ans Herz legen - nicht unkritisch, fragen Sie nach. Vielleicht überzeugen wir Sie ja.;-)