Frage an Jörg Schindler von Mathias F. bezüglich Finanzen
Wie stehen Sie zum Thema Steuern? Was halten Sie von der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Ökosteuer?
Wie wollen Sie sich einsetzen für gleichen Lohn für gleiche Arbeit in Ost und West? Immerhin gibt es nach 20 Jahren Einheit immer noch riesige Unterschiede.
Wie stehen Sie zum Afghanistaneinsatz der Bundeswehr?
Was halten sie von der Aufnahme ehemaliger Gefangener aus Guantanamo? Wie kann man das verhindern und was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?
Was halten Sie von Tempolimits auf deutschen Autobahnen?
Sehr geehrter Herr Förster,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen gern beantworte. Gestatten Sie dabei, dass ich Ihre Fragen entsprechend ordne.
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie nach der Wahl unter einer CDU-geführten Regierung zu befürchten ist (entsprechende Äußerungen von CDU-Ministerpräsidenten sprechen eine deutliche Sprache), lehne ich ab. Die Mehrwertsteuer ist eine Verbrauchssteuer, deren Erhöhung die mittleren und kleinen Einkommen überproportional belastet.
Allerdings trete ich für eine Erhöhung der Steuerbelastung hoher Einkommen ein, und zwar durch eine Vermögenssteuer, Börsenumsatzsteuer sowie eine Reform der Erbschaftssteuer. Denn in den vergangenen Jahren ist der Anteil hoher Einkommen und Vermögen an dem Gesamtsteueraufkommen erschreckend zurückgegangen. Dies ist eine soziale Schieflage, die DIE LINKE korrigieren will.
Die Ökosteuer ist hier differenziert zu betrachten. Grundsätzlich befürworte ich, mit steuerlichen Instrumenten, also auch der Erhebung von Steuern, ökologisches Verhalten und Innovationen zu fördern, im Gegenzug unökologisches Verhalten durch Steuererhebung unattraktiver zu machen. Dies ist legitimes Interesse fortschrittlicher Umweltpolitik. Jedoch muss hierbei für die Steuerzahler ein Alternativverhalten, also das ökologisch geförderte Verhalten, praktisch und sozial möglich sein (etwa der Umstieg auf Bus und Bahn usw...). Anderenfalls verfehlte eine solche "Ökosteuer" tatsächlich den angestrebten Lenkungseffekt und wird zur bloßen Steuererhöhung ohne Lenkungseffekt. Dies ist bei den von der früheren rot-grünen Regierung praktizierten "Ökosteuer" nicht der Fall, und sie wurde auch nicht für ökologische Innovationen oder umweltgerechtes Verhalten, sondern zweckfremd für die Senkung der Lohnnebenkosten verwandt.
Gleiche Löhne in Ost und West müssen einerseits durch durchsetzungsstarke Gewerkschaften, speziell auch in den östlichen Bundesländern, in Tarifverträgen erzielt werden. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, Herr Förster, zur Stärkung der Gewerkschaften, die Mitgliedschaft in einer DGB-Gewerkschaft in Erwägung zu ziehen. Dies wäre eine gute Unterstützung bei diesem Ziel. Zum anderen trete ich für einen gesetzlichen Mindestlohn (in gleicher Höhe) in Ost und West ein. Auch hierdurch wird die Angleichung der Lebensbedingungen, immerhin ein ehrenwertes Ziel des Grundgesetzes, praktisch in die Tat umgesetzt.
Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan lehne ich ab. Wie aus den jüngsten Ereignissen um Kunduz deutlich wurde, sind militärische Einsätze zur Erreichung von Frieden völlig ungeeignet und bewirken sogar das Gegenteil. Erforderlich ist vielmehr internationale Kooperation, Diplomatie sowie die Unterstützung fortschrittlicher ziviler Organisationen in Kriegsgebieten.
Ich trete dafür ein, dass die Gefangenen aus Guantanamo, die bekanntlich sämtlich ohne rechtsstaatliches Verfahren einsitzen, umgehend entlassen werden, anderenfalls umgehend einem rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren unterworfen werden. Die Freiheitsentziehung ohne rechtsstaatliches Verfahren widerspricht den Menschenrechten. Sofern dagegen Ermittlungen Beweise für terroristische oder andere strafrechtlich relevante Handlungen gebracht haben, sind diese vor einem ordentlichen Gericht anzuklagen und zu verhandeln. Insofern ist die Aufnahme weder "zu verhindern" oder nicht, sondern entsprechend der Rechtsstaatlichkeit wie bei allen Bürgerinnen und Bürgern anzuwenden. Sind die Gefangenen zu entlassen, steht ihnen naturgemäß frei, wo sie sich aufhalten wollen. Soweit sie über Aufenthaltstitel oder Asylberechtigung nach deutschem Recht verfügen oder verfügen können, sind die Ausländergesetze (AsylVfG, AufenthG usw...) korrekt anzuwenden.
Ich trete für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ein. Meiner Auffassung nach sollte dies europäisch harmonisiert werden. Deshalb halte ich ein Tempolimit von 130 km/h für sinnvoll. Wissenschaftliche Untersuchungen haben vielfach belegt, dass die Gefahr von schweren Verletzungen und Todesfällen bei Unfällen mit höherer Geschwindigkeit, auch bei Unbeteiligten, drastisch zunimmt. Zudem bestätigen Untersuchungen, dass der Schadstoffausstoß bei hohen Geschwindigkeiten erheblich zunimmt. Es besteht kein Anlass, diese Gefahren und Kosten der Allgemeinheit aufzubürden. Und, sehr geehrter Herr Förster, ein privates Argument für ein Tempolimit, das Sie vielleicht aus der Erfahrung, etwa in den Niederlanden, teilen: Fahrten mit einer Geschwindigkeit bis 130 km/h sind deutlich entspannter.
In diesem Sinne hoffe ich Ihre Fragen umfassend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Schindler