Jörg Cezanne MdB
Jörg Cezanne
DIE LINKE
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Frage von Metin D. •

Frage an Jörg Cezanne von Metin D. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Cezanne,

mit der geplanten Reform des PbefG wird den bestehenden Taxibetrieben (26.000 Taxen, ca. 250.000 Arbeitsplätze) die Existenzgrundlage vollständig entzogen und den Fahrdiensten Tür und Tor geöffnet. Die zur Disposition stehende Rückkehrpflicht hat den Sinn, ortsansässige Betriebe in ihrer Existenz zu schützen und Verkehr zu begrenzen. Ansonsten würden Ballungszentren und Hotspots ungebremst überflutet von auswärtigen Fahrdiensten. Genau das wird zur Zeit von uns durch Beobachtung bestätigt. Das belegen auch weltweit erhobene Zahlen aus anderen Großstädten. Die Anzahl der Pkw der Personenbeförderer ist dort jeweils um das Sechsfache angestiegen. Taxis sind seit Jahren voll digitalisiert und bieten schon längst das, was die neuen "Heilsbringer" nun angeblich besser, schneller, bequemer und billiger machen können. Noch mehr Billiglöhner? Noch weniger Parkraum? Noch mehr Verkehr und Stau? In fast jeder Stadt können sie per App ein Taxi bestellen, teilen und bargeldlos zahlen. Kein Preisdumping, kein Lohndumping, keine Rosinenpickerei. Wo genau, soll nun die Innovation von z. B. Uber sein? Bereits jetzt sind Städte und Kommunen mit der Überwachung des gut sicht- und greifbaren Taxigewerbes überfordert. Wie stellen sie sich eine Überwachtung noch größerer Flotten dieser neuen Mobilitätsanbieter und Mietwagenbetreiber überhaupt personell vor? Das Ungeheuerlichste an z. B. Uber ist allerdings die völlige Ignoranz der landeseigenen Gesetzgebung und die permanenten Verstöße gegen diese. Nirgends werden verhängte Strafen gezahlt. Zur Belohnung scheint das Gesetz nun offensichtlich diesem Vorgehen angepasst zu werden. Es sollte bekannt sein, dass es noch kein Unternehmen geschafft hat, eine preiswertere, kostendeckende Personenbeförderung anzubieten. Taxis arbeiten, trotz Schutz, bereits jetzt am Existenzminimum. Der Schutz kippt nun. Das bedeutet eindeutig das Ende für uns.

Mit freundlichen Grüßen

M. D.

Jörg Cezanne MdB
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter M. D.,

ich teile Ihre Sorge. Die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen lehne ich ab. Während Taxis weiter einer Preisbindung und der Beförderungspflicht unterliegen würden, wären Mietwagen davon befreit und hätten die Freiheit nur profitable Fahrten zu übernehmen. Obwohl nach dem vorliegenden Eckpunktepapier die Städte umfangreiche Regulierungsmöglichkeiten bekommen sollen und so eine extreme Ausweitung der Mietwagenzahlen eher unwahrscheinlich ist, werden die Taxis über die Preiskonkurrenz stark unter Druck kommen. Eine solche Konkurrenz von finanzstarken Töchtern großer Konzerne halten die mittelständischen Taxiunternehmen und Genossenschaften nicht aus. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, wie Portugal und Finnland, zeigen, dass Taxidienste nach einer Liberalisierung massiv schrumpfen. Auch andere Teile des ÖPNV könnten negativ betroffen sein und einzelne profitable Strecken und Teilnetze ganz von den neuen Anbietern übernommen werden. Weniger einträgliche Strecken müssten dann weiter vom öffentlichen Verkehr bedient werden müssen. Nicht zu Unrecht wurde hierfür die Bezeichnung "Kannibalisierung" geprägt.

Da das Eckpunktepapier keine konkreten Aussagen zu notwendigen sozialen Standards bei den Mietwagen trifft, befürchten wir als LINKE die Schaffung vieler prekärer Arbeitsverhältnisse.

Der ökologische, soziale und verkehrstechnische Nutzen durch Pooling-Dienste von Großkonzernen ist für mich nicht ersichtlich. Diese Dienste sollten von kommunalen Verkehrsunternehmen oder Taxidiensten geleistet und sinnvoll mit dem bestehenden Liniennetz verbunden werden.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Cezanne

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