Frage an Jörg Cezanne von Gisela W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Cezanne,
"Als Chefjuristin der Dekabank bestand Elisabeth Roegele auf Steuergutschriften in Millionenhöhe aus mutmaßlich illegalen Cum-Ex-Geschäften. Heute ist sie Exekutivdirektorin der Bankenaufsicht Bafin."
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/cum-ex-steuerskandal-bafin-vizepraesidentin-verteidigte-in-ihrem-frueheren-job-umstrittene-aktiendeals/24049784.html?share=twitter
Wie erklären Sie sich diese eklatante Fehlbesetzung?
Hat der Finanzausschuss irgendwelche Möglichkeiten, das Bundesministerium für Finanzen in dieser Angelegenheit an seine Pflichten der Rechts- und Fachaufsicht gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu erinnern?
Mit freundlichen Grüßen
G. W.
Sehr geehrte Frau W.,
es ist in der Tat höchst fragwürdig, wenn die für die Wertpapieraufsicht zuständige Exekutivdirektorin und Vizepräsidentin der BaFin, Frau Elisabeth Roegele, in ihrer vorherigen Tätigkeit für eine öffentlich-rechtliche Bank in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt war.
Die Ernennung des Führungspersonals der BaFin erfolgt durch das Bundesfinanzministerium. Ich gehe bis auf weiteres - zugunsten des BMF - davon aus, dass dem BMF zum Zeitpunkt der Ernennung von Frau Roegele im Mai 2015 deren Verwicklung in Cum-Ex-Deals nicht ausdrücklich bekannt war. Aber schon bei der Zeugenbefragung Roegeles im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss musste sie 2016 einräumen, dass sie als Chefjuristin bei der Deka-Bank nach 2012 und spätestens ab 2014 mit Cum-Ex-Deals zu tun hatte und ausdrücklich deren Rechtmäßigkeit vertreten hat. Sie argumentiert aber, es seinen keine bewussten Cum-Ex-Deals gewesen, sondern nur Cum-Cum-Geschäfte, die dann unbeabsichtigt die Form von Cum-Ex-Geschäften angenommen hätten. Das Gericht hat ihr diese Darstellung übrigens nicht abgenommen.
Natürlich hätte man sich auch im BMF bei Einstellungen hochrangiger Mitarbeiter aus dem Bankensektor 2015 fragen können oder sogar müssen, wie weit die jeweiligen Personen im Rahmen ihrer früheren Funktionen in Kreditinstituten mehr oder minder unausweicklich mit dem Thema Cum-Ex in Berührung gekommen waren, falls es denn im betreffenden Institut zu Cum-Ex-Geschäften gekommen sein sollte. Bislang haben wir vom BMF keine Auskunft darüber, ob das BMF bei der Einstellung von Frau Roegele von deren Cum-Ex-Verwicklungen wusste. Wir haben als LINKE im Finanzausschuss darauf gedrungen, dass Frau Roegele in den Ausschuss kommen solle, um Fragen ihrer Unparteilichkeit und Unbefangenheit in Cum-Ex-Fragen zu beantworten. Sie hat sich bislang aber geweigert oder wurde von ihren Dienstherren daran gehindert. Am 20.3. hätte nach Wusch der Regierungskoalition an ihrer Stelle BaFin-Präsident Felix Hufeld dem Ausschuss für Fragen zu dem Thema zur Verfügung stehen sollen, der hatte sich aber wegen Krankheit kurzfristig entschuldigt. Von daher kam es erst heute zu einer weiteren Beratung im Ausschuss, bei der Herr Hufeld Frau Roegele gegen alle Vorwürfe in Schutz nahm und um Verständnis warb. Letztlich stellt sich Frau Roegele wohl weiterhin auf den Standpunkt, bei der von Ihr für die DEKA-Bank eingebrachten Klage gegen den Steuerbescheid habe es sich nach ihrer damaligen Verständnis im Prinzip um Cum-Cum-Geschäfte gehandelt und Cum-Cum-Geschäfte seien eben nicht illegal gewesen.
Wir werden weiterhin versuchen, die Angelegenheit aufzuklären, aber als Bundestagsausschuss haben wir keine formalen Ermittlungsbefugnisse. Erst recht nicht, wenn wir als Oppositionsfraktion bei etwas "nachdrücklicheren" Aufforderungen an BMF und BaFin von den Mehrheitsfraktionen regelmäßig überstimmt werden.
Ich hoffe, wir können noch mehr Licht in diese zwielichtige Angelegenheit bringen,
mit freundlichen Grüßen
Jörg Cezanne, MdB