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Jochen Bülow
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Frage von Felix K. •

Frage an Jochen Bülow von Felix K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Bülow,

im Wahlprogramm Ihrer Partei finden sich an mehreren Stellen Angaben dazu, welche Mehreinnahmen man sich von Änderungen der Steuerpolitik erhofft. Gleichzeitig habe ich aber nirgendwo Angaben zu Kosten etwaiger Maßnahmen gesehen, weshalb ich wohl davon ausgehen darf, dass keine Maßnahmen geplant sind, die mit Kosten verbunden sind. Wenn ich mal so überschlage rechnen Sie aber mit Mehreinnahmen im dreistelligen Milliardenbereich; meine Frage lautet, wofür Sie diese Mehreinnahmen gerne einsetzen würden?

Eine zweite Frage: Ihre Partei spricht sich dafür aus, Sozialleistungen wie etwa die Mindestsicherung zu erhöhen. Das ist durchaus im Einklang mit etwa Empfehlungen seitens der OECD zur Bekämpfung wirtschaftlicher Ungleichheit (etwa "Bridging the Gap" aus diesem Jahr); allerdings empfiehlt diese auch etwa, hohe Sozialleistungen mit Sanktionen zu kombinieren, um etwa bei Erwerbslosen die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen sicherzustellen. Ebenso wird empfohlen, Unterstützungsmaßnahmen gezielt zu halten, indem sie bedarfsgeprüft gestaltet werden. Der Gedanke der Bedarfsprüfung findet sich im Wahlprogramm Ihrer Partei nur äußerst selten. Stimmen Sie bezüglich dieser Ausrichtung mit Ihrer Partei überein und wenn ja, warum halten Sie es für falsch, ein hohes Niveau an Sozialleistungen mit Bedarfsprüfung und in manchen Fällen Sanktionen zu kombinieren?

Mit freundlichen Grüßen,

F. K.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für die Frage, die ich gerne beantworte: Natürlich wollen wir die Steuerreinnahmen nicht als Selbstzweck steigern, es geht um die Finanzierung konkreter Maßnahmen. So fordern wir beispielsweise eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die Anhebung des Wohngeldes und die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I. Allein dafür planen wir Ausgaben von 45 Milliarden Euro. Wir wollen eine Mindestrente von 1.050 Euro, die rund 30 Mrd kosten wird, wir wollen Familien unterstützen und das Kindergeld und das BAFÖG erhöhen und planen dafür mit rund 26 Mrd Kosten. Und wir wollen die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen wieder verbessern, z.B. wieder kostenlosen Zahnersatz einführen - für etwa 10 Mrd Euro. All das haben wir mit Finanzierungsvorschlägen unterlegt, die auch nach Ansicht unabhängier Experten seriös kalkuliert sind. Eine genaue Auflistung der Einnahmeverbesserungen und der geplanten Ausgaben finden Sie hier: www.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2017/2017-04-03_bundestagswahlprogramm2017_finanzierungskonzept.pdf

DIE LINKE will beispielswise die Mindestrente von 1.050 Euro an eine Bedarfsprüfung koppeln - denn es ist nicht sinnvoll, diejenigen zu unterstützen, die gar keine Unterstützung benötigen. Anders sieht es beim Arbeitslosengeld II aus: Wer länger als 1 Jahr Arbeit sucht, ist in aller Regel hilfsbedürftig. Bedarfsprüfung und Sanktionen binden Kräfte bei der Bundesagentur und den Arbeitsagenturen, die viel besser in Fortbildung und das Finden individuell passgenauer Arbeitsangebote investiert würden. Nach allen vorliegenden Untersuchungen ist das Ausmaß des unrechtmäßigen Leistungsbezugs bei 2 bis 3 Prozent der ausgezahlten Leistungen zu erwarten. Das ist alles andere als ein massenhafter, flächendeckender Mißbrauch. Im übrigen bin ich übezeugt, dass die meisten Menschen gar nicht daran denken, Sozialleistungen mißbräuchlich in Anspruch zu nehmen. Vielmehr will die große Mehrheit faire Arbeit zu fairen Löhnen, die eine auskömmliche Rente und ein würdevolles Leben ermöglichen. Dazu muss niemand gezwungen werden - vielmehr braucht es die entsprechenden Jobs, daran muss die nächste Bundesregierung arbeiten, vor allem für die Menschen, die schon länger als ein Jahr arbeitssuchend sind.