Frage an Joachim Stünker von MANFRED D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
hallo Herr Stünker,
mich würde einmal interessieren, warum uns die Bundesregierung mit unrichtigen Arbeitslosen-Zahlen "Verdummt"?
Es werden nicht die Zahlen der Leistungsbezieher veröffentlicht, sondern geschönte Zahlen.
MFG
Manfred Dreyer
Sehr geehrter Herr Dreyer,
niemand verfolgt das Ziel, mit der Statistik irgendjemanden zu verdummen. Die Frage ist nur, welche Antworten man sich von einer Statistik erhofft. Im Falle der Arbeitslosenzahlen geht es darum, die Zahl derjenigen zu bestimmen, die dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung stehen. Deshalb werden die Menschen, die sich in einer Qualifizierung oder zum Beispiel einem Ein-Euro-Job befinden, in der Arbeitslosenquote nicht berücksichtigt. Das heißt aber nicht, dass Sie unter den Tisch fallen. Die Bundesagentur veröffentlicht die entsprechende Zahl in jedem Monat ebenfalls. Es wird nicht nur eine einzige Statistik geführt, sondern gewissermaßen auch eine zweite. Die ist keinesfalls nachrangig, wird zugegebenermaßen in den Medien aber weniger beachtet.
In meinen Augen hat die rotgrüne Bundesregierung die Arbeitslosenstatistik erheblich ehrlicher gemacht, als sie vorher war. Vorher nämlich wurden Empfänger von Sozialhilfe darin nicht berücksichtigt. Auch diese Ehrlichkeit hat dazu geführt, dass die Arbeitslosenquote 2004 so stark gestiegen ist – wohlgemerkt nur auf dem Papier. Denn arbeitslos waren die Sozialhilfeempfänger ja vorher auch schon.
Falls Sie sich für Arbeitslosenstatistiken eingehender interessieren, sehr geehrter Herr Dreyer, biete ich Ihnen an, Ihnen eine Untersuchung dazu zu schicken. Darin hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die unterschiedlichen Methoden verschiedener europäischer Staaten verglichen. Das deutsche System schneidet dabei ganz gut ab. Bei Bedarf wenden Sie sich bitte an mein Büro. Die Adresse finden Sie unter http://www.stuenker.de.
Noch ein paar Worte zu dem Ärger, der in Ihrer Anfrage durchklingt. Er rührt vermutlich daher, dass Sie vermuten, dass einige Jobsuchende nur deshalb in bestimmte Maßnahmen „gesteckt werden“, damit sie in der Arbeitslosenzahl nicht auftauchen. Dieser Verdacht ist schwer zu entkräften. Die Akzeptanz solcher Maßnahmen hängt sehr davon ab, welches Vertrauen sich die entsprechende Behörde erarbeitet hat – oder eben auch nicht. Maßnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn die Betroffenen davon profitieren. Das sollte eigentlich allen Behördenmitarbeitern klar sein. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mancher nur mit etwas Druck dazu zu bewegen ist, sich weiter zu qualifizieren beziehungsweise nach langer Arbeitslosigkeit künftigen Arbeitgebern zum Beispiel im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs nachzuweisen, dass er einer normalen Arbeitswoche gewachsen ist. Da darf man der Behörde gegenüber nicht unfair sein.
Darüber, dass es im Kreis Rotenburg in früheren Jahren viel Ärger um die Arbeitsweise des Arrow gegeben hat, bin ich informiert. Sicher ist die Kritik zumindest in Teilen auch berechtigt gewesen. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Bund auf die Arbeit der Optionskommunen – also der 69 Kreise und Städte, die sich selbst um Hartz IV kümmern – keinen Einfluss hat. Auch um solchem Ärger qualifiziert nachgehen zu können, hatte sich die SPD-Fraktion seinerzeit gegen das Optionsmodell ausgesprochen, musste aber der CDU-Mehrheit im Bundesrat entgegenkommen.
Statistik hin oder her, sehr geehrter Herr Dreyer: Vor allem kommt es darauf an, dass wir die Arbeitslosigkeit wirksam bekämpfen. Das geschieht am besten dadurch, dass zukunftsfähige und vernünftig bezahlte neue Arbeitsplätze entstehen. Dazu hat die SPD ihre Vorstellungen auf den Tisch gelegt. Ich würde mir wünschen, dass Deutschland in diesem Sinne in den kommenden Jahren vorankommt. Viel wichtiger, als Arbeitslose wie auch immer zu zählen, ist, dass sie wieder in Arbeit kommen. Da werden Sie mir sicher zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Stünker