Frage an Joachim Bischoff von Sören J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag Herr Bischoff,
Frau Heyenn hat vor einigen Tagen im Interview des Abendblatt gesagt, das der Gegner des Wahlkampfs der Linken in Hamburg die SPD sei. Sehen Sie das auch so?
Vielen Dank für eine Antwort!
Lieber Herr Sören Janssen,
Soziale Spaltung der Stadt – das ist das zentrale Wahlkampfthema der LINKEN, aber auch von SPD und GAL. Laut CDU gibt es die gar nicht! „Die gespaltene Stadt ist eine Erfindung der SPD“, sagte Bürgermeister Ole von Beust bei der Vorstellung seiner Zwischenbilanz des Förderprogramms für Problembezirke. Gleichzeitig stockt die noch regierende CDU die Mittel für die Problemviertel um weitere 10 Millionen Euro jährlich auf.
Richtig ist, dass die politischen Parteien des linken Spektrums die soziale Spaltung zum Thema für die Neuwahl von Bürgerschaft und Senat gemacht haben. Diese Parteien stützen sich aber auf den Protest und die Alternativvorschläge der DGB-Gewerkschaften, Sozialverbände (Diakonie und Caritas), aber auch vieler Vereinen, Initiativen etc., die den wachsenden Widerspruch zwischen Reichtum und Armut in Hamburg nicht hinnehmen wollen. Beispielweise erklärt der DGB bereits im Mai 2007: „Das Ziel einer solidarischen Stadt erfordert eine Politik für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr Verteilungsgerechtigkeit, für Chancengleichheit vor allem in der Bildung, und eine Politik gegen Erwerbslosigkeit und Armut, gegen Ausgrenzung, aber auch gegen Privatisierung und Demokratieabbau.“
Ich gehe davon aus, dass wir den notwendigen Politikwechsel in Hamburg, aber auch auf Bundesebene nicht alleine in den parlamentarischen Versammlungen, sondern nur in der Kooperation mit vielen Kräften in der Gesellschaft selbst durchsetzen können. Meines Erachtens ist im Ernst nicht zu bestreiten, dass die Hamburger Sozialdemokratie wie die SPD insgesamt ein beträchtliches Maß an Mitverantwortung für die neoliberale Tendenz zur Verschärfung der sozialen Ungleichheit und Ausgrenzung trifft. Ich kann angesichts der erkennbaren Wirkungen der Privatisierungs- und Umverteilungspolitik, die von SPD und GAL über Jahre praktiziert worden ist, verstehen, wenn BürgerInnen den kleineren oder auch größeren Kurswechseln dieser Parteien sehr skeptisch gegenüberstehen.
Gleichwohl: Ich begrüße das Regierungsprogramm der hanseatischen Sozialdemokratie, weil sich dort viele Programmpunkte finden, für die ich auch eintrete: Die SPD Hamburg setzt sich nicht nur für den Mindestlohn ein, sondern hat sich auch von der Konsolidierungspolitik früherer Jahre distanziert. Sie will „die in den letzten Jahren betriebene einseitige Spar- und Ausgabenpolitik korrigieren.“ Die Finanzierung der Zukunftsaufgaben in den Bereichen Bildung, Arbeit, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Infrastruktur soll deshalb vor allem durch Haushaltsumschichtungen gesichert und verbessert werden. Die Hamburger SPD sagt, dass ein handlungsfähiger Staat solide Einnahmen benötigt, die von allen Bürgern nach Ihrer Leistungsfähigkeit erbracht werden müssen. Konkret fordert sie ein Qualifizierungsprogramm für Langzeitarbeitslose, die Bekämpfung der Kinderarmut bekämpfen, die Einführung eines Sozialtickets etc.. Sie will mit dem Energieriesen Vattenfall über die Halbierung des geplanten Kohlekraftwerks Moorburg bzw. die Umwandlung in ein Gaskraftwerk verhandeln. Außerdem soll ein kommunales Stadtwerk gegründet werden. Sie will die Gebühren für Kitas, für das Erststudium und für Schulbücher wieder abschaffen.
Ich sähe es als einen enormen Fortschritt an, wenn dieses Programm Wirklichkeit wird. Denn die Aufgabe der politischen Kräfte besteht in der Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis, so dass die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der großen Mehrheit der Bevölkerung sich wieder zum Bessern wenden. Wenn Sozialdemokratie und GAL sich in diese Richtung mit bewegen, finde ich das gut und sage das auch laut. Über die konkreten Schritte der Ausgestaltung und Richtung und Tempo von gesellschaftlichen Veränderungen werden wir in einem Bündnis gegen die neoliberale Umverteilungspolitik immer debattieren oder gar streiten müssen, solange die grobe Richtung stimmt.
Mit den besten Wünschen für Sie
Joachim Bischoff