Frage an Joachim Bischoff von Marie H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Lieber Herr Bischoff,
ich wohne auf einem Bauwagenplatz in Wilhelmsburg / Bezirk Mitte, der bis 30.04.2011 geduldet ist.
Wir befinden uns auf einer in öffentlicher Hand befindlichen Industriefläche, sind bereit Pacht zu bezahlen, Müll zu entsorgen etc. Es liegt auf der Hand, dass wir auch nach dem 30.04.2011 einen Ort zum Leben im Wagen in Hamburg brauchen. Diese Entscheidung ist ein Politikum, beteiligt sein müsste sowohl die jetzige BSU und der Bezirk.
Meine Fragen an Sie:
Was empfehlen Sie mir und der Wagengruppe Zomia, wie ich zu einem legalen Wagenplatz in Hamburg kommen kann?
Wie stehen Sie persönlich dazu, wenn Menschen wie ich mich entscheide in Hamburg im Bauwagen leben zu wollen? Haben Sie da was gegen?
Empfinden Sie es als angemessen und verhältnismäßig, wenn Menschen, die lediglich die Forderung nach einer konkreten Legalisierung ihrer Lebensform haben, wie von Markus Schreiber angedroht, gewaltsam geräumt werden und Wägen konfisziert werden? Halten Sie ein solches Szenario für erstrebenswert?
Wie würden Sie empfehlen mit folgender Argumentation umzugehen: Entscheidungsträger_innen behaupten generell und allgemein nichts gegen neue Wagenplätze zu haben, weichen aber auch, wenn es um konkrete Fläche geht und finden Argumente, warum es auf jeder einzelnen Fläche nicht geht?
Wie würden Sie damit konstruktiv umgehen?
Und zuletzt:
Wie könnten Sie mir, der Wagengruppe Zomia und anderen Wagen-Menschen in Hamburg weiterhelfen, wenn Sie und Ihre Partei Teil der Hamburger Regierung werden würde? Wie würden Sie sich positionieren?
Für mehr Hintergrund:
http://zomia.blogsport.eu/hintergrund/
Mit besten Grüßen,
Ihre Marie Holzapfel // Wagenplatz Zomia Hamburg-Wilhelmsburg
Hallo Frau Holzapfel
Mir ist die Odysse der Wagengruppe Zomia wohl bekannt. Die Duldung auf dem jetzigen Platz ist meines Wissens von Kollegen aus dem Stadtentwicklungsausschuss mit befördert worden. Es gibt in Hamburg m.E. zu wenig Plätze. Auch im Bezirk Mitte müßte sich eine Lösung durchsetzen lassen. Dies unterstellt - so ist in der Frage zu Recht ausgeführt - ein Zusammenwirken der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sowie den zuständigen Behörden im Bezirk. Meine Empfehlung ist daher: nach der Klärung der politischen Kräfteverhältnisse in der Stadt sollte die Wagengruppe Zomia aktiv eine Klärung eines dauerhaften Standortes betreiben.
Wie schon die Initiative >Zukunft Elbinsel< erklärte, sehe auch ich die Lebens- und Kulturform Bauwagen als Bereicherung für Quartiere an und setze mich daher auch für den Ausweis von Flächen ein, auf denen dies praktiziert werden kann.
Die angedrohte Räumung in Wilhelmsburg ist unterblieben. Dies war eine politische Intervention zur Lösung eines Konfliktes: Jetzt sollte auch der zweite Schritt möglich sein, einen dauerhaften Platz für Zomia zu finden.
Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt haben auch etwas mit den knappen öffentlichen Flächen in Hamburg zu tun. Es ist aus meiner Sicht keineswegs nur Engstirnigkeit und Ressortdenken, das zügige konstruktive Lösungen für unkonventionelle Lebensformen in Bauwägen verhindert. Gleichwohl wird und muss es möglich sein, auch für solche Ansprüche und Bedürfnisse Plätze zu finden. Dass Ihnen als Beteiligten eine große Portion Zähigkeit und Geduld abverlangt wird, ist sicher bedauerlich, aber die Impulse zur Veränderung von Einstellungen und Haltungen werden sich letztlich durchsetzen.
Es gäbe eine Reihe von kleineren Problemen - also nicht nur Bauwagenplätze-, die sich bei Wahrung aller Rechtsnormen und angesichts knapper öffentlicher Ressourcen bei entsprechendem politischen Willen schnell lösen ließen. Die LINKE wird mit Sicherheit nicht an der kommenden Regierung beteiligt sein und kann entsprechende Anliegen und Proteste als parlamentarische Opposition voranbringen.
Mit Freundlichen Grüssen
Joachim Bischoff