Frage an Joachim Bischoff von Gisela W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Joachim Bischoff,
welche Möglichkeiten zur Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich gibt es Ihrer Ansicht nach in Hamburg?
Wieviele Arbeitsplätze könnten dadurch geschaffen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Walk
Hallo Frau Walk,
Sie haben Recht: in der gegenwärtigen großen Krise geht es auch um grundlegende Veränderungen. In der Weltwirtschaftskrise im 20.Jahrhundert wurde schon ein Einstieg in eine andere Entwicklungsrichtung gefordert. Konkret heißt dies damals und heute
- Ausweitung des »sinnvollen« Konsums, Zurückdrängung der Sparquote, Ausweitung öffentlicher Investitionen;
- Ausbau öffentlicher Güter und Dienstleistungen;
- Arbeitszeitverkürzungen in verschiedenen Formen;
- dies Ganze basierend auf einer strikten Besteuerung von höheren Einkommen und Vermögenserträgen; drastische Senkung der Zinsen und damit Beschneidung des Finanzsektors,
- Steuerung und Kontrolle der Investitionen und damit – wenn man es so nennen will – deren »Sozialisierung«.
Diese Punkte sind im Prinzip auch in der Regionalökonomie in Hamburg umzusetzen. Über den unverzichtbaren Ausbau der öffentlichen Dienste in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnen, Mobilität (ÖPNV) lesen wir dieser Tage reichlich. Kritisch ist es dann bei der Frage, woher sollen die Finanzen kommen ?
Die öffentlichen Finanzen Hamburgs sind in einem desaströsen Zustand. Wer auch in Zukunft die Stadt regiert: Die Neuverschuldung wird weiter steigen. Hamburg wird Ende 2010 (inkl. Sondervermögen Konjunkturstabilisierungsfonds + Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt) etwa 29 Mrd. Euro Schulden haben. Hinzu kommen die Verpflichtungen der diversen anderen Sondervermögen (Stadt und Hafen, Schulbau etc.), so dass der tatsächliche Schuldenstand die 30 Mrd. Marke überschreitet.
Die Stadt Hamburg muss nicht kürzen. Sie muss nur solidarisch wirtschaften und den Reichtum gerecht verteilen. In der Hafencity, an der Elbchaussee, auf der Baustelle der Elbphilharmonie und der U4 werden Millionen und Milliarden verbaut – mit viel, und immer noch mehr öffentlichem Geld. Wir brauchen keine Schutzschirme für die HSH Nordbank oder für Hapag Lloyd – dank ihrer Absicherung pusten Banken und Börsenzocker nur die nächste Spekulationsblase auf. Wir brauchen eine nachhaltige Unterstützung von Kindern, Eltern, Erwerbslosen und Armen.
DIE LINKE ist strikt gegen Lohnkürzungen, Gebührenerhöhungen in den Kitas, Bücherhallen oder beim HVV. Trotzdem wollen wir eine zukunftsorientierte Strukturpolitik durchsetzen, mit der mit besserer Bildung, ordentlicher Gesundheitsvorsorge und –versorgung und vor allem billigeren Wohnungen die Lebensqualität der Bevölkerung verbessert werden kann.
Die Stadt kann die Kürzungen bei den Sonderzahlungen der Beamten zurücknehmen. Sie kann mindetens in begrenztem Umfang die Arbeitsbedingungen der öffentlichen Beschäftigten verbessern und auch kürzere Arbeitszeiten durchsetzen. Sie kann zudem auf Bundesebene oder in Tarifverhandlungen eine andere Haltung als gegenwärtig einnehmen. Wieviel zusätzliche Arbeitsplätze aus einer solchen Politik herauskommen, mag ich nicht zu beziffern. Ich allerdings davon überzeugt, dass es in diese Richtung gehen muss.
Mit freundlichen Grüssen
Joachim Bischoff