Das Gesetz der CDU sind alte Forderungen der SPD. Warum stimmen Sie nicht zu?
Und noch mehr: was sind Ihre konkreten Lösungen? Ich höre nur wischi-waschi Antworten von der SPD bisher. Ich würde aber gerne konkret Lösungsvorschläge hören.

Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne erläutere ich, warum ich die Pläne der CDU/CSU ablehne und welche konkreten Ansätze wir als SPD-Fraktion verfolgen, um Migration rechtssicher und umfassend zu steuern.
Eins vorweg: Die Union hatte nie ein echtes Interesse an einer gemeinsamen Lösungsfindung. Ihr Ziel war es bloß, ein Exempel zu statuieren. Dass die CDU/CSU ihren Gesetzentwurf ohne jede Möglichkeit zur Veränderung durchdrücken wollte, erfuhren wir nicht etwa in Gesprächen, sondern aus der Presse. Ebenso war von Anfang an klar, dass die AfD dem Gesetzesentwurf zustimmen wird– und die Union hat diese Unterstützung bewusst in Kauf genommen. Sie hat versucht, sich gemeinsam mit den Rechtsextremen, wie bereits zwei Tage zuvor, eine Mehrheit zu sichern. Beinahe wäre ihr das erneut gelungen. Gleichzeitig stand außer Frage, dass das Gesetz im Bundesrat scheitern würde. Die Union hat hier reine Symbolpolitik betrieben und dafür die Brandmauer zur AfD eingerissen. Friedrich Merz sagte noch vor wenigen Wochen, es dürfe keine „zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD“ geben. Nun hat die Union genau eine solche Abstimmung erneut selbst herbeigeführt – und wäre beim zweiten Versuch fast wieder erfolgreich gewesen. Damit hat Friedrich Merz sein eigenes Wort gebrochen.
Die Vorschläge der Union sind nicht durchdacht, sondern sie verstoßen sehr klar gegen Europarecht. Die Forderung, den Begriff „Begrenzung“ erneut in den Zweck des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist reine Symbolpolitik ohne praktische Auswirkungen auf das Migrationsgeschehen. Angesichts des dringenden Fachkräftebedarfs wäre ein solcher Schritt zudem kontraproduktiv.
Auch die von der Union geforderte dauerhafte Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ist nicht haltbar. Bereits heute ist der Familiennachzug stark eingeschränkt und nur in humanitären Einzelfällen möglich, wobei das Kontingent auf maximal 1.000 Personen pro Monat begrenzt ist – eine Zahl, die oft nicht einmal ausgeschöpft wird. Ein genereller Ausschluss würde nicht nur gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verstoßen, sondern auch gegen Urteile des Bundesverfassungsgerichts, das eine Berücksichtigung von Härtefällen verlangt. Solche Maßnahmen träfen besonders Frauen und Kinder, die dadurch in unsicheren und gefährlichen Situationen zurückbleiben würden.
Ein weiterer Punkt ist die Forderung, der Bundespolizei zusätzliche Aufgaben bei Abschiebungen und Abschiebehafteinrichtungen zu übertragen. Diese Idee ist weder praktikabel noch zielführend. Die Bundespolizei arbeitet bereits an der Belastungsgrenze. Eine Ausweitung ihrer Zuständigkeiten würde zu ineffizienten Doppelstrukturen führen. Die Zuständigkeit für Abschiebungen liegt klar bei den Ländern und deren Ausländerbehörden. Statt einer Kompetenzverschiebung braucht es eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden, etwa durch optimierte Erreichbarkeit der zuständigen Stellen.
Wir als SPD setzen auf konkrete, durchsetzbare und rechtssichere Maßnahmen. Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) haben wir einen wichtigen Fortschritt erzielt. Diese Reform sieht vor, dass Personen, die irregulär in die EU einreisen, ein verpflichtendes und effizientes Screening durchlaufen und Asylverfahren in vielen Fällen bereits an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Ein neuer Solidaritätsmechanismus soll EU-Mitgliedstaaten mit hohen Ankunftszahlen entlasten – entweder durch die Übernahme von Schutzsuchenden oder durch finanzielle Unterstützung.
Parallel dazu setzen wir auf eine Stärkung der Bundespolizei, um Gefahrenabwehr und Strafverfolgung effektiver zu gestalten. Damit die Bundespolizei ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen kann, braucht sie eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung. Mit unseren Sicherheitsgesetzen geben wir dem BKA und der Bundespolizei wichtige neue Befugnisse, um effizienter arbeiten zu können. Dazu gehören beispielsweise der biometrische Internetabgleich, eine automatisierte Datenanalyse und Kontrollbefugnisse in bereits bestehenden Waffenverbotszonen.
Leider wird all das von der Union blockiert.
Mit freundlichem Gruß
Jessica Rosenthal